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Ich komme nicht umhin, an den Morgenterminen des Klosterlebens teilzunehmen: Meine deutsche Übersetzerin - Rumänin aus Bad Homburg - kann heute - nach 40 Tagen Fasten und einer Beichte - das "heilige Brot" empfangen. Der Gottesdienst dauert von 8:00 Uhr bis 9:30 Uhr, obwohl er keine Prdigt enthält. Zum ersten Mal erlebe ich eine eucharistische Wandlung in der orthodoxen Kirche: Der Priester verschwindet immer wieder mit Kelch und Platene hinter der Ikonostase. Bei den ganz heiligen Handlungen wird auch der Vorhang in der Tür zugezogen. Wenn der Priester wieder erscheint, fällt das Volk - sich mehrfach bekreuzigend - zu Boden auf Knie und Hände. Nur für die Auserwählte gibt es ein Stück in Wein eingeweichtes Brot - mit einem Löffelchen direkt in den Mund. Für das restliche Volk wird ein Teller mit nicht gewandelten Brotstückchen bereit gestellt, das durch seine bloße Anwesenheit während des Gottesdienstes bereits als geweiht gilt.
Im Anschluss gibt es "Frühstück": Wie in einem mittelalterlichen Lehrstück warten alle auf das Eingangsgebet. Der Jüngste liest während der ganzen Zeit aus der Bibel vor. Als er aufhört, ist mit einem Glockenzeichen das Frühstück beendet. Es gibt übrigens Fischsuppe (!) und Kartoffelsuppe mit Oliven und Brot - dazu Wasser und Wein. Die Mönche leben fleischlos - außer Fischfleisch.
Erst um 11:00 Uhr komme ich los. Ich hinterlasse eine Spende von 50 Lei. Es sind noch 120 km bis Constanta - das ist kaum zu schaffen. Die Straße bleibt auf der ganzen Strecke sehr hügelig. Fünfmal gehts auf ca 200 m rauf, dann wieder runter in ein Seitental der Donau. Anfangs sind lange Streckenabschnitte nur gepflastert - später folgt glatter Asphalt. Die Idylle allerdings ist unbeschreiblich eindrucksvoll: so gut wie kein Verkehr, fruchtbare Weinhänge und Obstplantagen mit Bewäserungssystem, auf den Hügeln jeweils weite Blicke ins Hinterland, manchmal auch bis ins breite Donautal. Das alles kostet Zeit. Zuletzt überrascht mich doch noch ein kleiner Schauer am Rande eines größeren Gewitters. Ich warte ihn unter einem der Alleebäume ab.
Meine Hoffnung, in Cobadin - 40 km vor Constanta - eine Unterkunft zu finden, wird nicht erfüllt. Im Gegenteil macht mein Gesprächspartner durch Zeichensprache unmissverständlich klar, ich solle mich vor Banditen in Acht nehmen und nicht irgendwo im Zelt übernachten. 20 km weiter - in Basarabi - soll es noch ein Hotel geben. Das wird mir auch von der Ladenbesitzerin am Ortseingang dieses Städtchens bestätigt. Im Zentrum aber ist nichts mehr zu finden - nur eine endlose Kolonne von Lkws, die hier auf der Hauptstraße aus Bukarest kommen und offenbar die Autobahngebühr sparen wollen.
Etwas unschlüssig frage ich zwei Männer am Straßenrand nach einer Übernachtungsmöglichkeit.
Der eine ruft mit dem Handy eine Hotelnummer an - da meldet sich aber niemand mehr. Der
andere, Dan, schlägt kurzerhannd vor, er wolle mich mit seinem nagelneuen Skoda Octavia -
samt Fahrrad und Gepäck - nach Constanta bringen. Ich kann mich gegen seinen
überschwenglichen Eifer kaum wehren. Jedenfalls sitze ich 5 Minuten später neben ihm im
Auto und fahre in Richtung Constanta. Zum Glück spricht er etwas Italienisch, so dass die
Kommunikation möglich ist.
Im nächsten Dorf - nach 4 km - schlägt er jetzt vor, dass ich bei ihm im Haus übernachten
soll. Schon ist er abgebogen und wir stehen vor einer großzügigen eineinhalb-geschoßigen
Villa.
Seine Frauen (inclusive zweier Großmütter) sind sichtlich erstaunt über den
Überraschungsgast. Nicht ohne Stolz zeigt er mir das selbst gebaute Haus, da erst vor
drei Jahen fertig wurde. Ich schlafe oben, in einem der beiden Gästezimmer, die über eine
Außentreppe erreichbar sind. Nur zum Duschen muss ich das gemeinsame Bad im Erdgeschoß
nutzen. Ich werde gleich noch zum Abendessen eingeladen. Sein 15-jähriger Sohn gesellt
sich dazu, er lernt etwas Englisch.
Dan ist beim rumänischen Militär beschäftigt und konnte so für Haus und Auto sparen.
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