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40. Tag: Oltenita - Kloster Dervent (100 km)
Di, 28.05.2007


Ich starte spät. Dank der ruhigen Lage der Pension schlafe ich bis 8:00 Uhr. Kurz vor 10:00 Uhr gehts endlich los. Die Straße nach Calarasi ist gut beschildert. Dank EU hat sie einen neuen Belag - aber fast keinen Verkehr. Sie folgt weitgehend dem Hochufer der Donauniederung, weil sich dort die Siedlungen befinden. Immer wieder öffnet sich der Blick über die weite Tiefebene. Die Hügelkette auf der anderen Seite der Donau gehört schon zu Bulgarien.

Die Dörfer ziehen sich endlos entlang der Straße - meist 3 - 5 km lange Straßendörfer ohne erkennbaren Kern. Der Grünbereich zwischen Gartenzaun und Straße wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Kartoffeln, Zwiebeln, Erbsen, Zucchini werden angebaut. Den ganzen Tag über sitzt die Oma am Straßenrand und bietet selbst geerntete Erdbeeren oder Kirschen an. Dazwischen tummeln sich junge Gänse und Truthähne. Auf vielen Strommasten am Straßenrand ziehen Störche ihre Jungen auf. Pferdefuhrwerke dienen dem Transport innerhalb des Ortes oder zum angrenzenden Feld.

Calarasi grüßt von Weitem mit einer gigantischen Industrieruine. Ein relativ neues Stahlwerk zerfällt. Einige Bereiche werden zwar von Linde oder St Gobain genutzt - das meiste steht aber leer. Als ich ein EU-gefördertes Projekt fotografiere, löst das den Unmut des Wachmanns aus. Mehr als mich fortschickem kann er aber nicht.

Calarasi ist eine quirlige Kleinstadt ohne große Supermärkte oder Einkaufsketten. Die uralten Ikarus-Busse versehen immer noch den Stadtverkehr. Aber auch Eurolines verbindet Calarasi mit der großen europäischen Welt.

Im Weiteren folge ich der SP 3. Dazu muss zunächst die Donau überquert werden. Die vierspurige (!) Ausfallstraße ist so gut wie leer - eine Spur wird von einem Kinderwagen genutzt. Ich zweifle schon fast am weiteren Fortkommen, finde dann aber doch die Fähre, die die Donau quert. Ein alter, viel zu kleiner Stahlponton wird von einem Schleppboot geschoben. Es gibt weder Abgrenzungsschranken noch Rettungseinrichtungen. Dafür ist die Überfahrt kostenlos.

Drüben sollte eigentlich Bulgarien beginnen. Auf einem schmalen Streifen ist aber die SP 3 zwischen Donauufer und Staatsgrenze abgetrennt. Allerdings ist die Straße hier im Zustand von 1930. Kopfsteinpflaster oder Betonplatten wechseln sich ab - nicht gerade fahrradschonend. Dafür ist die Straße so gut wie autofrei.

Erstaunen auf beiden Seiten löst die Begegnung mit Udo und Michael, den beiden Radfahrern vom Camping Aurel Vlaicu aus. Sie sind gerade auf dem Rückweg von Constanta entlang der Donau. Noch gestern habe ich daran gedacht, dass sie mir auf ihrem Rückweg begegnen könnten. Sie machen mir allerdings wenig Hoffnung auf dem langen Weg bis Constanta eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden.

Ich folge der Ortseinfahrt nach Ostrov an der Donau - keine Pension. Am anderen Ortsausgang muss ich einem Feldweg folgen, um wieder auf die Hauptstraße zurück zu finden. Diese verläuft auf den Hügeln oberhalb der Donau mit malerischen Blicken ins weite Donautal. Nach dem Abstieg ins nächste Tal erkenne ich gegenüber eine Klosteranlage. Auf Nachfrage bekomme ich tatsächlich ein Bett im Schlafsaal angeboten. Die Gastfreundschaft gebietet, dass ich einen Wunsch zur Begrüßung äußere: etwas zum Trinken. Im Zimmer finde ich eine Literkaraffe mit Weißwein und eine Flasche Mineralwasser...

Um 20:30 Uhr gibt es eine ausführliche Privatführung durch das Kloster. Es ist als Wallfahrtsort in Rumänien bekannt - wegen eines Rests von einem Steinkreuz und einer Quelle, die angeblich vom Hl. Andreas geöffnet wurde. Nur während des kommunistischen Regimes von 1979 bis 1990 war die Quelle versiegt. Ich werde mit Andenken überhäuft und morgen zu einem Gottesdienst um 8:00 Uhr und anschließenden Frühstück um 9:30 Uhr eingeladen.


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