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Schon früh um 6:00 Uhr scheint die aufgehende Sonne ins Zimmerfenster und die ersten Züge nach Fish Hoek fahren vorbei. Dies ist Grund genug, bereits früh aufzustehen, zumal der stahlblaue Himmel verspricht, dass es ein heißer Tag wird - 35 Grad V Celsius sind voher gesagt.
Mit Frühstück und dem Aufladen des Gepäcks dauert es dann doch bis 8:00 Uhr bis zum Start. Heute folge ich durchgehend der R 310. Sie ist gut asphaltiert - meist sogar mit befahrbarem Seitenstreifen - aber sehr verkehrsreich. Auch LKWs rauschen an mir vorbei. Der Windstoß gefährdet jedesmal meine Stabilität - man gewöhnt sich aber daran...
Die Straße folgt zunächst der Küstenlinie, verläuft aber keineswegs topfeben. An mehreren Stellen schwingt sie sich auf die zahlreichen Dünen hoch und wieder runter. Zum Meer hin hat man eine grandiose Sicht auf die False Bay mit ihren sturmgetriebenen Wellen. Der Wind bläst weiterhin heftig aus südwestlicher Richtung - meist also von der Seite - ab und zu auch schräg von vorne.
Die anfangs menschenleere Landschaft wechselt bald ab mit mit kleinen, sehr einfach angelegten
Siedlungen in einiger Entfernung landeinwärts. Schließlich grenzt Khayelithsa, eine gigantische
Township, bis unmittelbar an die R 310. Die Behausungen bestätigen alle Vorurteile
über solche Siedlungen: Hütten aus Blechplatten mit Wellblechdach - ohne Fenster, ohne Wasser,
Strom oder Toiletten. Die Stadt Cape Town installiert offenbar einzelne WC-Häuschen, zum
Teil auch mobile Baustellen-Toiletten. In einem kleinen Bereich wurde Elektrizitätsversorgung
angelegt. In einiger Entfernung gibt es wohl auch Gemeinschaftseinrichtungen und Schulen.
Die Menschen bewegen sich träge entlang der R 310 oder lagern im Schatten von Verkehrschildern
- leider auchJugendliche, die um diese Zeit eigentlich zur Schule gehen müssten.
Im Kontrast dazu ist auf der Meerseite der Straße ein riesiges Freizeitgelände mit Spielplätzen, Grilleinrichtungen, WCs und einem großen Meeresschwimmbecken entstanden. Außer dem Wach- und Pflegepersonal findet sich dort aber niemand ein. Ich mache kurz Rast und genieße den Blick auf die bei Somerset aufragenden Berge, bis ein Schwarzer mit unvollständigem Gebiss mich in unverständlich genuscheltem Englisch versucht anzusprechen. Ich bevorzuge die schnelle Flucht.
Inzwischen ist es unerträglich heiß geworden. Bald überquere ich die Autobahn N2 und völlig unvermittelt geht diese eben beschriebene Township in ein gepflegtes Weinanbaugebiet über. Die N2 bildet hier die magische Grenze. Vorbei geht es an Weingütern mit Palmenalleen entlang der Zufahrt - vielfach mit Wachpersonal am Eingang. Alle laden zum Besuch und zur Weinprobe ein. Das Weingut Spier besitzt einen Besucherparkplatz von der Größe eines Einkaufszentrums. Offenbar wird das Angebot selbst am Dienstag Vormittag gut angenommen.
Es ist jetzt 12:00 Uhr mittags - die letzten Kilometer sind quälend anstrengend auf der inzwischen vierspurigen Zufahrt zum Zentrum von Stellenbosch. Am Bahnhof - es gibt unregelmäßig durchgehende S-Bahn-Züge nach Cape Town - halte ich nochmal kurz, um die Lage des "Travellers Lodge Hostel" zu peilen. Das Hostel liegt direkt schräg gegenüber vom Bahnhof.
Im schönen Sechser-Schlafsaal erhalte ich ein Bett ohne Doppelstock und kann mich etwas von den Strapazen erholen. Nach dem Mittagessen starte ich zum Besuch des örtlichen Toy Museums. Dort treffe ich gerade auf eine engagierte Führung für eine weiße Africaans sprechende Familie. Historische Spielsachen gibt es kaum - ein Anker-Baustein-Kasten aus Rudolstadt ist aber dabei. Dafür gibt es sehr schöne Miniaturen von typischen Zimmereinrichtungen und eine gigantische Model-Auto-Sammlung von Dinky, die ein Einwohner dem Museum vermacht hat. Die hauseigene Modellbahnanlage ist außer Betrieb, weil jemand versucht die bestehende Relais-Steuerung zu digitalisieren. Derzeit herrscht Chaos hinter den Kulissen der ansonsten sehr schön gestalteten Landschaft nach Motiven der Winelands und der Karoo.
Auf dem Rückweg kaufe ich beim "Checkers" ein ganzes gebratenes Hähnchenfür 45 Rand. Das versorgt mich in den nächsten beiden Tagen.
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