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7. Tag: Erstfeld - Gugnasco
Mi, 26.03.1997


Am nächsten Morgen scheint die Sonne . Heute ist die Alpenüberquerung geplant.

In Erstfeld beginnt der steile Teil der alten Gotthardstraße. Zum Glück hat sich der größte Teil des Durchgangsverkehrs auf die parallel laufende Autobahn verlagert. So ist die Verkehrsbelastung auf Busse und Lokalverkehr beschränkt. Eindrucksvoll ist der Durchbruch durch die Felsschlucht bei Amsteg. Die Straße ist schma l- wie in den 50er Jahren - und eng gewunden. Hoch über mir quert die Bahn das Reusstal über eine neue Betonbrücke. Die alte Gitterbrücke wurde vor einigen Jahren ersetzt.

Im folgenden Hochtal kreisen Hubschrauber über den Talwäldern. Sie sammeln das Holz der geschlagenen Bäume und fliegen es zu einem Sammelplatz an der Straße - eine ungewöhnliche Holzfällerei.

Unterhalb von Wassen versuche ich den Ort über den abkürzenden Fußweg zu erreichen statt auf der großen Schleife der Hauptstraße zu bleiben. Dieser ist aber so steil, dass ich mein beladenes Rad nur mit Mühe hoch schieben kann.

Inzwischen scheint die Sonne, es wird frühlingshaft warm. Das ist vielversprechend für die Südseite der Alpen.

Bald ist Göschenen erreicht. Dort verschwindet die Gotthardbahn im großen Tunnel. Die Schmalspurzahnradbahn nach Andermatt startet am Bahnhofsvorplatz.

Da der Gotthardpass noch nicht offen ist, bleibt mir nur der Zug durch den Tunnel. Problemlos kaufe ich die Fahrkarte und die Fahrradkarte. Beide kosten auf der kurzen Strecke etwa gleich viel. Nach 20 Minuten kommt der Zug - natürlich mit eigenem Fahrradwagen. Die kurze Fahrt durch den Tunnel bringt mich auf die sonnige Südseite nach Airolo.

Airolo ist noch winterlich verschlafen. Da die Straße hier während der Wintersaison endet, ist sie fast verkehrsfrei. Ich rolle genießerisch in die südliche Sonne hinab. Die Steigung ist so bemessen, dass ich fast nicht bremsen muss. Der Schwung reicht gerade zum angenehmen rollen. Spannend sind nochmals die Serpentinen kurz vor Faido. Hier treten die Felswände zu einer engen Schlucht zusammen. Die Bahn windet sich in mehreren Kehrtunneln hinab. Die Autobahn schwebt 100 m höher über dem Ort.

Ich wechsle die Talseite und finde einen Tessiner Ort, im dem die Zeit seit 40 Jahren stehen geblieben zu sein scheint. In der Nähe des Bahnhofs - dort fahren fast alle Züge durch - finde ich eine Bank in der Sonne für die verspätete Mittagspause.

So bald wie möglich versuche ich auf die rechte Reussseite im Valle Leventina zu wechseln. Zwischen Steinbrüchen führt der - zum Teil nur geschotterte - Radweg talabwärts. Ab Giornico mündet er in eine schmale Ortsverbindungsstraße ein - herrlich für Radfahrer. In Biasca ist es bereits frühsommerlich warm. Vergessen ist der kalte Dauerregen, der mich gestern bis Erstfeld begleitet hat. Auf der idyllischen rechten Seite des Reusstals fahre ich an Bellinzona vorbei.

In der "Piano di Magadino" frage ich im ersten Ort an der Landstraße in einer Kneipe nach einer Unterkunft. Die Wirtin bedauert, dass sie keine Zimmer mehr habe. Sie vermittelt mich aber an einen kleinen Gasthof im nächsten Ort und kündigt mich dort telefonisch an.

Abseits der Straße finde ich in Gugnasco in einem idyllisch am Hang im alten Ortskern liegenden Hotel-Gasthof ein Einzelzimmer mir Frühstück. Hier lohnt es sich, einmal länger Urlaub zu machen.


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