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36. Tag: Oslo (zu Fuß)
Do, 16.06.2016


Entgegen den Vorhersagen ist das Wetter heute regenfrei, ja sogar sonnig. Ich mache mich auf zur „Akerhus Festning“, die einst die Hafeneinfahrt von Oslo mit Kanonen sicherte. Heute ist sie eine historische Sehenswürdigkeit mit einem Schlosshof, der gelegentlich für Veranstaltungen genutzt wird. Der Rest ist frei begehbar – ohne Absturzsicherung für die Festungsmauern. Am Kai vor der Festung hat ein riesiges Kreuzfahrtschiff von „P+O-Cruises“ festgemacht und entlässt seine Passagiere zur Oslo-Besichtigung. Die herrlichen Blicke über die Bucht und die Stadt verleiten mich zu vielen Fotos.

Im Festungsbezirk integriert ist das Dokumentationszentrum des norwegischen Widerstandes gegen die deutsche Besatzung. Eigentlich wird dort die gesamte Besatzungsgeschichte aufgerollt. Mit vielen Originalfotos und Zeitungsausschnitten, vor allem mit den deutschen, damals geheimen Anweisungen für die Besatzung gibt es einen neuen Einblick in die Leidensgeschichte Norwegens im Rahmen des zweiten Weltkriegs. Eigentlich war geplant, das Land so überraschend zu besetzen, das kein bedeutsamer militärischer Widerstand entsteht, und danach die Bevölkerung von der Nazi-Ideologie zu überzeugen. Das misslang gründlich – vor allem wegen des selbsternannten Regierungsführers Quisling zwar Norweger aber Verräter an der eigenen Staatstreue. Trondheim wurde als bedeutender Hafen für die U-Boot-Flotte im Atlantik auserkoren und wurde so zum technischen Zentrum der Besatzung mit Bauabteilung, Organisation usw. Sogar die Kapitulation der norwegischen Armee wurde in Trondheim unterschrieben. Oslo dagegen blieb das politische

und juristische Zentrum der Besatzer. Schloss „Akerhus“ erhielt dabei eine unrühmliche Bedeutung als Hinrichtungsort der zum Tod Verurteilten.

Die Widerstandsgruppen wurden von Englandausgebildet und ausgerüstet. Sie waren für England vor allem als Spionage-Standorte wichtig. Die militärische Führung vermutete nämlich, dass die geplante Invasion der Alliierten in Norwegen stattfinden würde. Am Ende warteten die Widerstandskämpfer einfach die Kapitulation Deutschlands ab und übernahmen dann die Entwaffnung der deutschen Soldaten. y

Nach so viel geballter Geschichte ist Zeit für die Mittagspause oberhalb des Festival-Geländes. Dort läuft gerade eine umfangreiche Public-Viewing-Installation zur Fußball-Europameisterschaft.

Bis 17:00 Uhr finde ich noch Zeit für das gestern nicht geschaffte Museum für zeitgenössische Kunst. Es hat sich der „Minimal Art“ verschrieben – also der mehr zufälligen Kombination von Schrott, Glas, Leder, Stoff, usw. zu namenlosen Konstruktionen – die Aussage der Werke ist Null. Auf dem Rückweg schlendere ich noch durch die beiden großen Einkaufszentren, die direkt an die Bahnhofshallen anschließen.


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