[ vorhergehender Tag] [Übersicht] [nachfolgender Tag]


4. Tag: Ebenhausen - Meiningen (60 km)
So, 15.05.2016


Der Morgen grüßt mit blauem Himmel bereits um 6:00 Uhr. Beim Frühstück um 8:00 Uhr ziehen aber bereits Wolken auf. Auf der B 19 nach Neustadt regnet es dann heftig. Dazu bläst ein eisiger Nordwind von der Seite bzw. von vorne.

Ich folge der wenig befahrenen ehemaligen B 19 nach Thüringen über Münnerstadt, Bad Neustadt und Mellrichstadt. Die Straße ist einsam, meist schnurgerade und deshalb mit ständigen Steigungswechseln gebaut. Seit der Eröffnung der parallel verlaufenden Autobahn Schweinfurt – Erfurt ist sie verkehrsarm. Das verleitet einige Einheimische aber zu extremer Raserei.

In Münnerstadt erreiche ich nach steilem Abstieg wieder das Saaletal. Die Stadt lasse ich aber links liegen. Ich will weiterfahren, solange es nicht regnet. Bis Neustadt schaffe ich das. Am Ortseingang vergesse ich kurz, dass wegen des Gepäcks der Abstieg vom Rad nur über die Mittelstange möglich ist. Das Rad kippt, drückt mich zu Boden. Ich falle auf den Hintern – schmerzhaft. Einfach Weiterfahren hilft aber.

Bad Neustadt begeistert mich nicht. Es ist eine Kreisstadt mit moderner Infrastruktur. Die Altstadt ist eher uninteressant. Ich verweile lange in der Stadtkirche – auch hier wurden vier Gemeinden zu einer Zentralpfarrei zusammengelegt. Jede hat aber noch ihren eigenen Fronleichnamszug.

Bei der Weiterfahrt überrascht mich nochmals ein heftiger Schauer. Das Regencape wird durchnässt. Bis Mellrichstadt klart es wieder auf. Auf dem dortigen Stadtplatz ist Zeit für eine Mittagspause. Jetzt scheint sogar ein wenig die Sonne. Ein Flaschensammler gesellt sich zu mir, jammert, dass er kein Geld habe und keine Flaschen mehr findet. Ich spendiere ihm meine leere LIDL-Flasche.

Ein Kälteschock überfällt mich bei der Weiterfahrt. Konnte ich bisher noch mit kurzärmligem Radhemd und kurzer Hose reisen, so beginne ich jetzt schlagartig heftig zu frösteln. Erstmals nutze ich Anorak und Regenhose gegen den eiskalten Wind.

Die Straße nach Meinigen überwindet die Wasserscheide zwischen Saale und Werra bzw. zwischen Rhein und Weser. Entsprechend steil geht’s hoch. Oben sieht man noch Reste der Grenzkontrollanlagen, einen Wachturm und eine im Rohbau zurück gelassene Kaserne. Im Tal nach Meinigen strahlt jetzt urplötzlich die Sonne. Ein Regenbogen verbindet Regen und Sonnenschein.

Vorgebucht habe ich im Hostel „Werratal“ in Meiningen. Zwei alte Damen führen dieses ehemalige Wohnheim für Eisenbahn-Lehrlinge. Ich bekomme für mich allein ein großes Zimmer für 20 Euro. Das zweite Bett bleibt ungenutzt.

Der Abend wird gekrönt mit der Donizetti-Oper „Lucia die Lammermoor“ im Meininger Staatstheater. Die Sänger sind gut – aber alle Ausländer. Die Hauptdarstellerin ist gebürtige Türkin und verleiht ihrer Rolle durch grandiose Stimmführung und szenische Gestaltung eine nachhaltige Wirkung. Ein langer Applaus belohnt am Schluss das Ensemble.


[ vorhergehender Tag] [Übersicht] [nachfolgender Tag]