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Es regnete schon gestern abend, als ich um 23:30 Uhr von der großen Bahntour zurückkam. Und für heute sei weiterhin Regen vorausgesagt, verkündete ein belgisches Paar, das auf zehntägiger Bahntour durch Italien reist (Reggio - Taranto - Neapel - Rom) und dem ich im Zug von Taranto begegnete.
Leider behalten sie recht. Die schöne Sicht aus dem Fenster des Hotel "Florino" zeigt Dauerregen. Ich kämpfe mit mir, ob ich nicht hier aufgebe und die letzte Etappe nach Paola mit dem Zug fahre. Zum Glück entdecke ich aber in meinem Kursbuch, dass der einzige Zug mit Fahrradbeförderung von Goia nur sonntags fährt. Das motiviert - trotz Bluterguss in der Hüfte (inzwischen hat sich der blaue Fleck auf fast 20 qcm ausgedehnt) - und trotz Regen mit dem Fahrrad weiterzufahren.
Erst um 10:30 Uhr komme ich los, da ich heute länger geschlafen und lange gezögert habe, ob ich mit dem Fahrrad weiter fahre.
Der Anfang ist angenehm. Es hat aufgehört zu regnen und es ist warm. Ich bin noch etwas übervorsichtig wegen dem Unfall und fahre weit rechts. Jedes Hupen löst zunächst Erschrecken und dann lautstarkes Fluchen aus. Bis Rosarno läuft es sehr glatt, dann beginnt der lange Aufstieg nach Vibo Valentia (500m hoch). In Mileto fängt es wieder an zu regnen. Da ich bergauf schieben muss, verzichte ich auf das Regencape, sonst wirkt es wie eine Sauna.
An einer Baustelle mit aufgegrabenem Seitenstreifen schiebe ich zu weit rechts. Ein leichtes Zischen am Hinterrad verrät den ersten Plattfuß. Dauerregen, wenig Zeit, weiter aufwärts Schieben und dann auch noch den Reifen Flicken - nur mit Mühe bekämpfe ich die aufkeimende Katastrophenstimmung. In einer verlassenen Einfahrt finde ich unter einem Vordach einen halbwegs trockenen Platz, das Rad komplett zu entladen, das Hinterrad auszubauen und den Schlauch zu flicken. Eine winzige Glassscherbe hat sich senkrecht durch den Mantel gedrückt - also in Zukunft doch nicht mehr so weit rechts fahren...
Nach einer Dreiviertel Stunde geht es weiter, immer noch bergauf, immer noch im Regen. Um 15:00 Uhr ist endlich Vibo Valentina erreicht. Ich verzichte auf eine Mittagspause - weiter geht es wieder abwärts nach Pizzo. Das läuft sehr gut, zumal ich den Druck im Hinterrad an einer Tankstelle wieder auf 2.5 bar erhöht habe, mit meiner Luftpumpe schaffe ich nur 1.5 bar.
Die herrliche Sicht, die man von der Hangstraße auf die Küste hat, ist heute etwas regentrüb. Dennoch ahne ich den großartigen Eindruck. Am Talboden beginnt die 25 km lange Durchquerung der Ebene von Lamezia - meist kilometerlang gerade - leider auf schmaler Straße, die die Autofahrer zum schnellen Fahren und knappen Überholen verleitet. An Lamezia fahre ich direkt auf der als Hochstraße ausgeführten Ortsumgehung vorbei bis zum ersten, etwas verlassen wirkenden Badeort Gizzeria. Die Hotels dort wollen mich nicht aufnehmen oder verlangen horrende Preise. Erst außerhalb kann ich den Preis für ein Vier-Sterne-Hotelzimmer auf 30 Euro herunterhandeln (Hotel Pesce Fresca, HPF ****). Zum ersten Mal erweckt das Zimmer einen perfekten und luxuriösen Eindruck und ist sein Geld wert. Vor dem Fenster verlaufen parallel die SS18, die Bahnlinie und die Autobahn - dahinter öffnet sich das Bergpanorama. Das ist zwar ziemlich laut - trotzdem aber für einen Eisenbahnfan ideal...
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