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Der Weg nach Mendoza


Aus der "Tour durch die Wüste" ist nun doch nichts geworden. Kurz nach dem Aufbruch in Quines entschließe ich mich, den sicheren aber stärker befahrenen Weg über San Louis nach Mendoza zu wählen. Die Versorgung auf der 300 km langen Route über Encon wäre nicht sichergestellt gewesen.

Der erste Tag nach San Louis läuft bei stürmischem Rückenwind und brennendem Sonnenschein hervorragend. Bei ca 8 l Wasserkonsum schaffe ich die 144 km wider Erwarten in einem Rutsch. Kurz vor dem Hotel Claramonte gibt (wieder einmal) der Hinterreifen auf. So quartiere ich mich dort in der "mittleren Hotelklasse" für 20$ ein.

Die Stadt ist sehr ausgelassen an diesem Abend, weil an verschiedenen Schulen die Schulabgänger ihre Zeugnisse bekommen und entsprechend feiern. Die Veranstaltung wird in einer der Schulen mit 2 DigiCams live aufgenommen und auf einem Beamer gleichzeitig den Eltern in den hinteren Reihen groß gezeigt. Alle Achtung vor der technischen Ausstattung !!!

Der nächste Tag ist nun der erste Abschnitt auf der Routa Nacional 7, der Hauptverbindung zwischen B.A. und Chile. Davor hatten mich einige gewarnt und zu der "Wüstenroute" geraten. Ich versuche noch an der Ortsausfahrt eine alte Provinzstraße zu nehmen, lande aber in einer dermaßen unpassierbaren und von armseligen Hütten begrenzten Straße, dass ich bei nächster Gelegenheit auf die RN 7 wechsle.

Es läuft anfangs gut (bei leichtem Rückenwind, der Wind dreht hier jeden Tag seine Richtung), bis der Hinterreifen aufgibt. Die Lauffläche ist durchgescheuert, der Schlauch an dieser Stelle geplatzt, etwa 15 km von jeder Zivilisation entfernt.

Zum Glück habe ich die argentinische Angewohnheit in Quines wahr gemacht, immer mindestens einen Ersatzreifen mitzunehmen. Ich kann also Schlauch und Mantel ersetzen und nach ca. 1 Std. die Fahrt fortsetzen.

Sie läuft auch weiterhin gut bis zur "Landesgrenze" nach Mendoza. Hier gibt es gleich zwei Grenzkontrolleure - Ausreise aus der Provinz San Louis und Einreise nach Mendoza. Das hat vor allem lebensmittelhygienische Gründe, weil die Provinz Mendoza Angst vor dem Einschleppen von Pflanzenkrankheiten hat.

Zum Glück will keiner etwas von meinem Proviant wissen... Es ist noch früh, also weiter zur nächsten Stadt La Paz.

Am Nachmitag nimmt nun die LKW-Dichte dermaßen zu, dass die von der RN 9 bekannten LKW-Begegnungen genau auf meiner Höhe immer häufiger werden; das heißt jedesmal, auf den unbefestigten Randstreifen ausweichen. Einige hupen vorher wild, andere versuchen haarscharf an mir vorbeizukommen, sodass ich inzwischen gelernt habe, aus dem Motorengeräusch des überholenden Fahrzeugs auf dessen Größe zu schließen.

Neu ist darüberhinaus, dass gegenüber der RN 9 die LKWs wesentlich stärker motorisiert (Andenueberquerung) und damit im Flachland wesentlich schneller sind. Ein Container-LKW auf der Gegenspur reißt mich jedesmal fast vom Fahrrad - jedenfalls immer den Sonnenhut vom Kopf.

Nach 122 Km eine sehr schöne - italienisch anmutende Unterkunft in La Paz. Ich genieße den Abend und beschließe, die nächste Etappe kürzer werden zu lassen.

Die Überraschung am Ende de nächsten Tages (Erlebnisse auf der RN 7 wie am Vortag, nur die Sonne brennt noch heißer), dass es bis San Martin kein Hotel in den Orten an der RN 7 gibt. Also doch wieder über 100 km. Zu allem Überfluss lässt der neue Schlauch 40 km vor dem Ziel wieder Luft: Quetschung an der Schweißnaht führt zu einem Loch, schwer zu reparieren, weil Gummireste der Schweissnaht das Haften des Aufklebers verschlechtern.

Mit Mühe erreiche ich das Ziel San Martin, schon im Bereich Groß-Mendoza. Im Hotelzimmer dusche ich nur noch und schlafe dann 11 h durch.

Die letzte Etappe nach Mendoza ist jetzt nur noch 50 km lang. Über die alte Hauptstraße (jetzt Provinzstrasse 50) führt sie durch einen dicht besiedelten Raum, vorbei an unzähligen Bodegas: Die Erntearbeiter erhalten wohl für ihre Familen eigene Wohnsiedlungen in der Nähe der Arbeitsstelle. Die Bodegas selbst ähneln hochbewachten Fabriken, z.T. "reift" der Wein in Betontanks, wie man sie aus der Erdölindustrie bei uns kennt. Kein Wunder, wenn die Flasche "vino fino" nachher noch 0.79 $ kostet. Leider gibt es keine Qualitätsstufungen über "vino fino", sodass man der verkorkten Flasche die Qualität des Inhalts nicht ansieht. Man kann auch über 10 $ für eine Flasche Wein ausgeben...

Mendoza ist eine sehr grüne Stadt mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem für tausende von Alleebäumen (natürlich auch für die Landwirtschaft). Dort, wo nicht bewässert wird, wächst nur Buschsteppe... Mein erstes Ziel ist daher der Campingplatz im Parque San Martin (Schon wieder: General de San Martin ist hier der Nationalheilige, weil er in einer spektakulären Andenüberquerung die "Befreiung" Chiles eingeleitet hat. In entsprechender "Napoleonpose" (Überquerung des grossen St. Bernard ) wird er meist auf Denkmalsockeln abgebildet). Der Park ist ein reines Freizeitparadies mit künstlichem See, Radwegen, Picknickplätzen, Sportanlagen. Auch der Campingplatz ist eher ein Grillplatz für Familien an Wochenenden, weniger für die Übernachtung gedacht. Entsprechend sehen die sanitären Einrichtungen aus.

Nach einer sehr lauten Nacht beschließe ich, doch in eine der örtlichen JHs zu wechseln. "CampoBase" versteht sich ganz wörtlich vor allem als BasisCamp für Andenabenteurer, entsprechende Touren werden auch von den Betreibern durchgeführt. Es liegt aber sehr zentral und kostet nur 8$ (inklusive Küchenbenutzung !!).

Am Abend (es ist Sonntag) lerne ich das kulturelle Mendoza kennen. Nach der Abendmesse (um 20:00) eile ich zur "Casa Gobierno", dem Verwaltungssitz, um ein "Concierto di Navidad" (Weihnachtskonzert) zu hören. Es erweist sich als Open-Air-Veranstaltung des "Orquesta filharmonica Mendoza" mit sehr europäischen Zuschnitt (Rossini, Smetana, Joh.Strauss). Die Strauss-Walzer werden noch durch ein Ballett der örtlichen Hochschule untermalt.


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