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Dies wird wohl meine letzte Reisemal sein.
Die Tage in B.A. sind zunächst wieder kulturell geprägt. "Chicago", sehr professionell inszeniert am Freitag und "Welturaufführung" Las mil y una noches (tatsächlich: tausendundeine Nacht...) ein französisches Musical in spanischer Sprache am Samstag. Während Chicago in guter Broadway-Manier mit einer kleinen Anzahl sehr profesioneller Sänger/Tänzer ohne Bühnenbild (nur das Orchester steht mit Tribüne im Bühnenraum, alles andere spielt sich drumherum oder mitten im Orchester ab..) ist Las mil y una noches sehr opernhaft inszeniert. Auch die Musik im zweiten Musical hat eine sehr große Bandbreite vom Schlagerduett bis zur modernen Oper, ich bin jedenfalls gespannt, wo es in Europa uraufgeführt wird.
Am Sonntagmorgen geniesse ich nochmal die Tango-Atmosphäre in San Telmo (auf der Piaza Dorego findet traditonell sonntags ein Antiquitätenmarkt statt, den Tango-Sänger und natürlich -tänzer als Bühne verwenden...).
Um 19.00 fährt der Schlafbus nach Puerto Iguazu, zu den größten Wasserfällen Südamerikas. Das Rad und ein Teil des Gepäcks kann ich in San Telmo lassen.
Der klimatisierte Bus überrascht durch ein sehr luxuriöses Platzangebot: nur 3 Sitze pro Reihe und ein Abstand, dass sogar ich meine Beine ausstrecken kann, fast waagerechte Sitzlage ist natürlich einstellbar. Die Fahrt dauert über 17 Stunden (ca 1400 km) und führt - wie erwartet - in eine völlig andere Welt. Morgens in Posadas ist die Erde rot - wie in Afrika. Beim Aussteigen zum Frühstück im Restaurant der Busfirma erschlägt mich die schwüle Hitze. Wir durchfahren eine dichtgrüne Busch- und Waldlandschaft mit exotischen Blüten. Alle Seitenwege sind Erdstraßen, die bei Regen total aufweichen - ich werde an die Reiseberichte aus Ghana erinnert.
In Iguazu steht eine schwüle Hitze, jeder Schritt fällt schwer, zum Glück
sind es nur wenige hundert Meter bis zur Unterkunft im Residencial UNO. Dort
sofort in die Dusche, doch danach ist der Körper sofort wieder überhitzt.
Am Nachmittag beginnt ein heftiges Gewitter - es regnet ohne zu stürmen, der
Regen ist warm, die Luft kühlt auch danach nicht ab.
Am Di ist Cataratas - Tag: der Linienbus bringt uns zum Nationalpark Iguazu.
Schon am Eingang hört man das Tosen der Wasserfälle. Auf vorbereiteten
Wegen, zum Teil über dem Urwaldboden als Laufstege angelegt durchwandere ich
den Urwald. Dabei werden immer wieder Blicke frei auf die verschiedenen
Wasserfälle - es gibt davon mindestens 30, die mehr oder weniger getrennt sind.
Auf der argentinischen Seite sind die Cataratas zweistufig. Auf dem
Zwischengelände sind die Laufstege angelegt, sodass man abwechselnd am Fuß eines Falles
der ersten Stufe oder direkt über dem Absturz eines Falles der zweiten
Stufe steht. Den Höhepunkt bildet ein Podest direkt in der Gischt eines
mächtigen Falles, eine Gelegenheit sich mit Hemd und Hose zu duschen...
Derzeit führen die Fälle besonders viel Wasser (etwa die doppelte
Durchschnittsmenge) - einerseits ein imposanter Anblick andererseits fährt das
Fährboot zu einer Insel mit Zugang zu weiteren Aussichtspunkten deswegen leider
nicht.
Nach der Mittagspause gehe ich nochmals den Weg in umgekehrter Richtung - es
entstehen wieder neue Eindrücke.
Am Mi geht's (als geführte Bustour) auf die brasilianische Seite:
Die Cataratas liegen auf der Grenze zwischen beiden Staaten. Von Brasilien
ist der Zugang zu den Gargantas del Diablo (Teufelsschlucht) möglich. Dies
ist eine hufeisenförmige Kerbe die der Rio Iguazu im Laufe der letzten 100.000
Jahre ins Gelände geschnitten hat. Dorthinein stürzt das Wasser von allen
drei Seiten. Bei dieser Wassermenge ist das natürlich ein gigantisches Schauspiel.
Die Gischt schießt an einigen Stellen senkrecht nach oben - auch hier wieder
Podeste für die "Duscher".
Die Tour führt nach dem Mittagessen auch zum ITAIPU-Damm, dem größten
hydroelektrischen Projekt der Erde. Es ist ja viel darüber berichtet worden -
hier erfährt man natürlich nur die positiven Aspekte. Die Besucher werden
jede Stunde in einem Buskonvoi (ca 20 Busse) zu vorbereiteten Aussichtspunkten,
dann über die Dammkrone gefahren. Dabei läuft im Buslautsprecher die
euphorische Cassette der Betreiberfirma - echt professionell.
Was mich überrascht,
ist die geringe Sicherheitsausstattung, außer der üblichen Wachmannschaft
kein Stacheldraht, keine Sicherheitskontrollen am Eingang...
Letzter Teil der Fahrt ist ein Kurzbesuch in Ciudad del Este (in Paraguay). Dort ist "shopping" angesagt. Was und wie dort angeboten wird, habe ich noch nicht erlebt: in jedem Haus sind mindestens 10 Geschäfte, vielfach nach innen gebaut in labyrintartigen Gängen. Davor ist der Bürgersteig auf beiden Seiten geschlossen mit Marktständen überbaut. In einem von außen unscheinbaren Einkaufszentrum sind innen 8 Stockwerke (5 nach unten !) eingebaut. Man erhält dort jede Raubkopie, die man sich wünscht, dazu Serien von CDs mit MP3-Kompressionen - nur aktuelle Titel, versteht sich.
Die Rückfahrt wird begleitet von fliegenden Händlern, die noch auf der Straße auf ein Geschäft hoffen.
Am Mi schaue ich mir Puerto Iguazu an, ein sehr ruhiger Ort, der wohl nur vom Tourismus der Cataratas lebt. Abends gibts die Gelegenheit zu einem Mondscheinspaziergang an den Cataratas - es ist gerade Vollmond. Das lasse ich mir nicht entgehen. Geführt von einem Park-Ranger, laufe ich nochmals auf den mir bekannten wegen, erlebe den Urwald bei Nacht (wenn nicht die vielen Taschenlampen und Raucher wären...) und geniesse das Schauspiel der Wasserfälle bei Mondlicht.
Do geht der Bus schon um 15.30 Uhr zurück nach B.A.. Bei der Hitze bleibe ich im Hotel setze mich in den Garten und lese über die Geschichte Paraguays - bis vor wenigen Jahren eines der gefürchtetsten Polizeistaaten Südamerikas (und jetzt ein Eldorado für Schmuggler und Markenkopierer).
Die Fahrt zurück nach B.A. wird begleitet von einer Polizeikontrolle, bei der zwei
Uhrenschmuggler erwischt werden. Obwohl wir über keine Grenze mehr fahren,
wird mein Ausweis dreimal kontrolliert.
Am morgen weckt uns ein gigantisches
Gewitter - die Blitze sind über der Pampa weithin sichtbar. In B.A. ist jedoch
alles gerade verraucht.
Mich drängt es, wieder Rad zu fahren. Noch am gleichen Nachmittag breche ich auf zum Flughafen Ezeiza. Nur die letzten 3 km muss ich über die Autopista fahren. Dort kann ich meinen Flug bestätigen und das Fahrrad vormelden. Den Rückweg nehme ich dann über die Autopista - bis zum Stadtrand der Capital Federal. Man kommt also doch mit dem Rad zum Flughafen...
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