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12. Tag: Krems - Wien (90 km)
Di, 01.05.2007


Die Nacht ist kalt - zu kalt für mich im Zelt. Morgens zittert der Körper im Schlafsack. Schon um 6:30 Uhr stehe ich auf. Die Sonne ist schon über den Hügeln aufgegangen (800 km weiter östlich als zu Hause). Das Frühstück im noch warmen Aufenthaltsraum lässt die Lebensgeister zurückkehren.

Zunächst folge ich der Beschilderung des Donauradweges auf der linken Flussseite. Schier endlos zieht sich der breit asphaltierte Radweg auf der Dammkrone dahin. Die Sonne scheint, aber kalter Ostwind bläst mir entgegen. Am Kraftwerk Altenwörth wechselt der Weg auf die andere Seite. Die Kraftwerke an der Donau sind mit den Schleusenstationen gekoppelt. Die Staumauern haben jeweils eine beachtliche Höhe von fast 20 Metern. Deswegen liegt die gestaute Donau zuletzt mindestens 15 m über den Feldern und Dörfern.

Über Nebenstraßen schlängelt sich der Donauweg nach Tulln - eine eher unattraktive Kleinstadt. Hier aber wurde 1890 der Maler Egon Schiele geboren. Ihm zu Ehren wurde 1990 ein Museum im umgebauten Gefängnis der Stadt eröffnet. Sehr aufschlussreich ist Schieles kurzer Lebensweg - er starb bereits 1918 an der asiatischen Grippe. Als Sohn des Bahnhofsvorstehers von Tulln hatte er zeilebens eine enge Beziehung zum Bahnfahren: einfach mal nach Triest, um dort im Hafen dümpelnde Boote zu malen, oder in die Heimatstadt seiner Mutter in Böhmen. Bis ins Erwachsenenalter sammelt er Spielzeugeisenbahnen. Seine Bilder waren zunächst wenig gefragt, galten im "Dritten Reich" als entartet. Erst nach den zweiten Weltkrieg begann seine Würdigung. Neben Bildern von seinen Reisen malt er vor allem Aktbilder von zum Teil sehr jungen Frauen. Das bringt ihm sogar drei Tage Gefängnisstrafe ein...

Der Weg nach Wien ist nun kürzer als gedacht. Zwischenstop ist nochmal in Klosterneuburg. Vor allem die Anlage des Stifts auf dem Berg ist sehr malerisch. Ein Teil wird als SAP Business School genutzt.

Wien beginnt direkt am Ortsausgang von Klosterneuburg. Immer noch sind es aber 10 km bis ins Zentrum. In Brigittenau - noch 5 km vor dem Zentrum - finde ich - nach mehrmaligem Fragen - das sehr große Jugendgästehaus. Außen sieht es etwas heruntergekommen aus, innen sind die Räume aber alle sehr komfortabel renoviert. Drei Nächte kosten 51 Euro.

Meine erste Erkundungsfahrt nach Wien führt - wie immer - zur Staatsoper. Es gibt "Elektra", Stehkarten sind noch zu haben, aber in meinem Radfahrerdress lässt man mich nicht in die Oper - schade ! Ich schlendere noch zum Stephansdom. Das große Hochamt zur Eröffnung der Maiandachten (mit Mozartmesse) habe ich leider um eine Stunde verpasst. Der Rückweg zum Jugendgästehaus geht jetzt schneller (nur 15 Minuten). Allmählich durchschaue ich das Straßensystem zwischen Donau und Donaukanal.

Bei mir im Zimmer ist inzwischen noch ein älterer Herr aus Innsbruck eingezogen, der seine Tochter in Wien besucht. Er erzählt viel von seinen Reisen und Opernbesuchen. In der Wiener Staatsoper wählt er auch immer die Stehplätze, weil dies kostengünstiger ist...


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