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Bis zur Donau | 24 Apr |
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Hallo liebe Leser,
letzten Freitag bin ich nun endlich gestartet zu meiner Radtour in die Türkei. Wie immer ist es schwer, sich aus den Alltagsverpflichtungen loszueisen... Trotz später Abfahrt (14:30 Uhr) konnte ich die vorher angerufene JH in Dilsberg (bei Heidelberg) noch am gleichen Abend erreichen. Der Weg führt über bekannte Radrouten durch die Grossstädte des Rhein-Neckargebiets. Vielfach vertraue ich auf frühe Kenntnisse über den Neckaruferweg. Die offizielle Beschilderung weicht davon ab. Der Schlussspurt ist anstrengend. Die JH liegt oben in der befestigten Altstadt, d.h. zuletzt muss ich das schwere Rad kräftig schieben. Zum ersten Mal erelebe ich Muskelkrämpfe in den Oberschenkeln !Ich bin doch etwas aus der übung... In der JH bekomme ich ein Zweierzimmer für mich. Es bleibt Zeit zum Abendspaziergang durch die um die mittelalterliche Burg gruppierten Häuser. Der nächste Morgen weckt mich mit herrlichem Sonnenschein. Es ist zwar kühl in den frühen Morgenstunden, wird aber richtig warm bis zum Mittag. Ich radle am Neckar entlang, immer auf der der Strasse gegenüberliegenden Seite. Zweimal bringt mich eine kleine Fähre wieder zurück auf die Strassenseite, weil der Weg einfach aufhört. Noch vor Bad Friedrichshall zweige ich ab ins Jagsttal, finde auch gleich den gut beschildertten Jagsttalweg. Eigentlich will ich noch bis nach Dörzbach, ein Zimmer beim Heuhotel nehmen. Aber in Jaghsthausen zeigen sich deutliche Ermüdungserscheinungen. Ich komme noch bis zum Kloster Schöntal. Dort sind aber die preiswerten Quaartiere ausgebucht ! Im nächsten Ort (Westernhausen) finde ich aber ein schönes Zimmer vim Gasthof "Zum Ochsen". Ein üppiges Frühstück weckt die Energien für den dritten Tag. Heute will ich die Wassrrscheide zur Donau nüberwinden. Ich folge zunächst dem immer schmaler werdenden Jagstal. In Langenburg ist die Strasse wefgen eines Oldtimer-Auto-Rennens gesperrt. Man lässt mich trotzdem weiterziehen. Vor Crailsheim muss ich aus dem Tal hinaufsteigen. Nur die Hauptstrasse auf der Höhe führt weiter nach Crailsheim. Nur kurz schaue ich mir die Geschäftsstrassen an. Viele alte Häuser stehen nivcht mehr. Nun folgt noch ein 22 km-Ritt über eine durchgehende Landstrasse. Weil sie auch den Zubringerverkehr zur Autobahn trägt, ist sie sehr verkehrsreich. Sobald ich aber die bayerische Landesgrenze überquert habe, gibt es neben der Strasse einen durchgehenden Radweg bis in die Altstadt von Dinkelsbühl. Hier finde ich erst nach mehreren Anläufen eine Unterkunft: Die JH hat "heute geschlossen", die Hotels kosten 60.00 Euro aufwärts. Erst als ich schon zum Campingplatz will, finde ich doch noch ein Privatzimmer in einem historischen Haus bei Familie Walter. Beim abendlichen Rundgang beeindruckt die Stadt mit ihrem geschlossenen mitelalterlichen Häuserbild. So muss eine reiche Handelsstadt vor 500 Jahren ausgesehen haben. Dank strenger Denkmalauflagen werden die Häuser sehr behutsam renoviert. Auch hier werde ich am nächsten Morgen wieder mit einem umfangreichen Frühstück verwöhnt. Der Weg führt mich heute ins Altmühltal. Dazu müssen mehrere Seitentäler durchquert werden- ein ständiges Auf und Ab. Da die Landschaft hier aber sehr sanft modelliert ist, sind selten mehr als 100 Höhenmeter zu überwinden. In Treuchtlingen erreiche ich das Altmühltal. Nach Pappenheim und Sollnhofen nehme ich den offiziellen Altmühl-Radwanderweg. Der ist aber so grob geschottert, dass ich Angst um meine Speichen bekomme. Die restlichen 30 km bis Eichstätt fahre ich auf der sehr ruhigen Talstrasse. So komme ich auch flott voran und bin schon gegen 18:00 Uhr in Eichstätt - noch rechtzeitig, um ein Bett in der JH zu ergattern. Die Altersgrenze von 26 wird inzwischen wohl freier ausgelegt. Dennoch kostet das Bett im Sechsbettzimmer mit Frühstück 22.40 Euro. Imn Dinkelsbühl hatte ich privat auch nur 23.00 Euro bezahlt. Der Rundgang durch die beeindruckende barocke Altstadt wird nur kurz, bis es dunkel wird. Mein Eindruck ist ähnlich wie bei den bekannten österreichischen Barockstädten. In der JH gönne ich mir ein selbstbereitetes warmes Essen. Eine Schar von lebendigen Fünftklässlern begleitet mein Frühstück. Offenbar ist die ganze Klassenstufe eines bayerischen Gymnasiums einquartiert. Der Weg heute folgt zunächst weiter dem Altmühltal. Ich bleibe fast durchgängig auf der Fahrstrasse. Der Radweg ist fast nirgends asphaltiert - immer nur mit gelbem Jura-Split belegt. Nach drei herrlichen Sonnentagen regnet es heute Vormittag ausdauernd. Ich fahre trotzdem weiter mit Plane überm Gepäck und Regenjacke. In Beilngries - zur Mittagspause - hört der Regen endlich auf. Von hier folgt der Weg dem Rhein-Main-Donau-Kanal. Wegen des Schotterbelags bleibe ich jedoch weiter auf der Strasse. Erst kurz vor Kelheim werden Radfahrer zwangsweise auf die alte Parallelstrasse durch die kleinen Dörfer geleitet. In Kelheim bin ich so rerchtzeitig, dass das Informationsbüro noch offen ist. Es vermittelt mir ein Privatzimmer für 21.00 Euro etwas ausserhalb. Es ist tatsächlich sehr einfach... In der Regel vermietet Frau Mannes an Montagearbeiter. Viele Grüsse aus Kelheim an der Donau Joachim |
Wien ! | 02 Mai |
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Hallo liebe Leser,
nach einigen unangenehmen Pannen ist ein erstes Etappenziel erreicht. Ich bin in Wien. Wie immer kann man aus der Nationalbibliothek (fast) kostenlos mailen. Für 1.50 Euro erhält man eine Tageskarte mit unbeschränkten Zugang für den Rest des Tages. Die Woche seit Kelheim hatte Höhen und Tiefen. Zunächst die schönen Aspekte: Immer an der Donau entlang führt der meist gut beschilderte Radweg. Zum Teil weicht er auf kleine Nebenstrassen aus, die durch idyllische Dörfer führen, nur selten auf einen Radweg unmittelbar neben der Bundesstrasse.
Nachdem ich in Eichstätt erfolgreich mit der Unterkunft in einer bayerischen JH war, probiere ich es in Straubing wieder. Eine urige kleine Villa zwischen alter Landstrasse und Bahn lädt zum Übernachten ein. Nur zwei Gäste übernachten hier heute. Ausser mir eine Abiturientin aus Ansbach, die allein mit dem Rad bis Budapest fährt. Ich treffe sie noch in den folgenden JHs jeweils beim Frühstück.
Die nächste Etappe ist Passau. Die JH liegt oben auf der Burg gegenüber der Altstadt. Eine heftige Anstrengung ist, das Rad zuletzt die 20%-ige Steigung hinaufzuschieben. Ich finde ein Bett im sogenannten Richterzimmer der Burg. Der Abendspaziergang zur Stadt hinunter beschert herrliche Blicke vom Burgberg bei Abendlicht.
Am nächsten Morgen ist es wieder sonnig, wird aber zunehmend kälter. Dazu trägt auch ein immer heftiger werdender Ostwind bei, der mir entgegenbläst. Nach allen Erfahrungen aus Australien und Argentinien ist der Wind aber eher harmlos. Leider beginnt heute auch meine Pannenserie. Schon am Morgen ist der Hinterreifen fast platt. Ich kann ihn aber wieder aufpumpen. Das hält ganz gut für den Tag.
Bei der Stadtbesichtigung zeigt Linz seinen etwas protzigen Reichtum. Allein der neue Bahnhofsbereich mit Glas-Stahl-Neubauten beeindruckt schon sehr. Die Altstadt wird von hochmodernen Strassenbahnen durchfahren. Beeindruckend ist auch hier der barocke Hauptplatz, der sich zur Donau hin öffnet. Auch am nächsten Morgen ist die Luft noch auf dem Reifen. Nach einigen holprigen Kilometern durch die Weindörfer entlang der Donau lässt die Luft im Hinterrad abermals nach. Also schon wieder flicken. Ich komme diesmal nicht mehr - wie geplant zur JH in Melk, übernachte auf einem schönen Campingplatz bei Marbach 15 km vor Melk. Am nächsten Morgen , Sonntag inzwischen, kann ich also nicht wie geplant der Sonntagsmesse in der Stiftskirche beiwohnen (um 9:30 Uhr). Die wunderschöne Stiftsanlage erreiche ich gegen 11:00 Uhr. Sie überwältigt in ihrer geschlossenen Pracht. Ich habe Glück: Die Renovierungsarbeiten dauerten von 1978 (!) bis 2006. Melk ist also gerade erst fertig geworden... Bei der Abfahrt vom Klosterberg plötzlich wieder ein lautes Zischen vom Hinterrad. Diesmal ist nicht nur der Schlauch perforiert, sondern auch der Mantel oberhalb der Felge angebrochen. Provisorisch flicke ich den Mantel mit einem Gummikleber von innen. Das hält allerdings nur noch 15 km. Bei der Mittagspause in Spitz an der Donau sehe ich, wie der Gummiflicken seitlich aus dem Reifen herauszuquellen beginnt. Glück im Unglück: Just in Spitz beginnt der Rest der Wachaubahn nach Krems (und Wien). So verlade ich mein Rad für heute in den (historischen) Zug und gelange für 2.80 Euro ins 19 km entfernte Krems. Dort schiebe ich sicherheitshalber das bepackte Rad zur JH -- ausgebucht ! Also lande ich wieder auf dem Campingplatz. Dieser überrascht mit einem schönen Wiesenteil nur für Radler und einem trockenen (und warmen) Aufenthaltsraum für Abendesen und Frühstück.
Am Montag finde ich dann den rettenden Fahrradhändler im historischen Örtchen Stein, der einen neuen Schwalbe-Marothon-Cross - Reifen aufzieht.
Ab jetzt läufts wieder gut. Am 1. Mai - auch in Österreich ein Feiertag, den vor allem die SPÖ zur Selbstdarstellung nutzt - komme ich über Tulln und Klosterneuburg noch bis Wien. Trotzdem ist Zeit, das kleine aber sehr informative Egon-Schiele-Museum in Tulln zu besuchen. Die grosse JH in Wien Breitenau hat Platz in einem Dreibettzimmer - für nur 17 Euro pro Nacht. Mein Zimmergenosse ist ein sehr interessanter 82-jähriger Herr, ehemaliger Berufsschullehrer und Opernfan, der seine Tochter in Wien besucht. Er ist auch viel gereist und beobachtet die Entwicklungen unserer Zeit sehr genau - aber durchweg pessimistisch. Da gibt es manch interessante Diskussion über Zukunftschancen und den Ausweg aus der vorhersehbaren Katastrophe der industrialisierten Welt. Den Tag heute in Wien geniesse ich sehr. Ich werde auch morgen noch einen Pausentag einlegen. Mit dem Rad kann ich der bereits oft besuchten Stadt neue Aspekte abgewinnen. Heute abend versuche ich Stehplatzkarten für den "Fliegenden Holländer" in der Staatsoper zu ergattern. |
Bratislava | 05 Mai |
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Hallo an alle Leser,
nur 70 km von Wien nach Osten beginnt bereits eine andere Welt. Bratislava, die Hauptstadt der Slowakei habe ich gestern erreicht. Nach der letzten Mail aus Wien ergab sich beim Studium und Kauf der Landkarten fuer die weitere Fahrt durch Ungarn, Rumaenien und Bulgarien eine Ueberraschung: Die Donau fliesst nach Ungarn zunaechst ueber 100 km durch Serbien und dessen Hauptstadt Belgrad. Dieses Land will ich aus Sicherheitsgruenden aber nicht durchqueren. Meine Reiseroute aendert sich daher folgendermassen: In der suedlichsten Donaustadt in Ungarn verlasse ich die Donau nach Osten. So komme ich direkt nach Rumaenien und ueber Arpad nach Sibiu in den Karpaten. Dort wollte ich ja sowieso vorbei. Wenn ich von dort quer ueber die Karpaten schiebe (2000 m hoch), erreiche ich suedlich dann Bukarest und kurz darauf wieder die Donau. Der Donau folge ich dann doch bis an die Schwarzmeerkueste. Entlang der Badeorte gibt es eine gute Strassenauswahl (Haupt- und Nebenstrassen), sogar weiter nach Bulgarien. Auch in Bulgarien bleibe ich am Schwarzen Meer. Dort wird es eine ausreichende touristische Infrastruktur geben. Erst kurz vor der tuerkischen Grenze nimmt die Strasse wieder Abstand vom Meer und ueberquert das Grenzgebirge. Von dort ist es dann nicht mehr weit nach Istanbul. Ueber die Unruhen in der Tuerkei habe ich heute in der deutschen ZEIT den Leitartikel auf der ersten Seite gelesen. Scheinbar geht es um politische Spielchen im Vorfeld der Wahlen. Das Militaer und nationalistische Kraefte wollen wohl den unter Erdogan geplanten Anschluss an die EU verhindern und suggerieren nun eine islamistische Gefahr durch die Parte Erdogans. Ob es zu einem Putsch kommt, haengt wohl auch davon ab, inwieweit man im Westen dieses Spielchen durchschaut und dem Militaer eine internationale Unterstuetzung versagt. Ich werde weiter versuchen, mich ueber deutsche Zeitungen auf dem Laufenden zu halten. Falls tatsaechlich eine Einreise nicht mehr moeglich sein sollte, ist der sicherste Weg, mich zu informieren, eine Mail an die obige gmx-Adresse. Etwa einmal in der Woche werde ich diese Mails ja weiterhin lesen... Nun zu den angenehmeren Dingen meiner Reise.
In Wien kann ich tatsaechlich fuer 2 Euro (!) eine Stehplatzkarte zu Wagners Fliegendem Holaender in der Wiener Staatsoper ergattern: ein beindruckender Opernabend. Am Tag drauf erstehe ich zum halben Preis eine Logenkarte (11.50 Euro) zum neuen Musical Rebecca, nach dem Roman von de Maurier und Hitchkock's gleichnamigem Film. Bei bester Sicht auf die Buehne und der bekannt schoenen Musik von Kunze auch ein toller Abend.
Also starte ich am Freitag zur naechsten Etappe nach Bratislava. Der Donauradweg leidet hier etwas unter diversen Umleitungen wegen Bauarbeiten an den Donaudaemmen. Einmal verfahre ich mich so sehr, dass ich auf einem schlammigen Feldweg lande. Da hilft nur noch die Weiterfahrt auf der Bundesstrasse. Vom total laendlichen Hainburg in Oesterreich sieht man auf der anderen Donauseite bereits die Silhouete der Grossstadt Bratislava. Die schmale Bundesstrasse wird zunehmend von internationalem Schwerverkehr befahren, vor allem aus ehemalige Ostblocklaendern. Der Grenzuebertritt ist eher formlos: ein kurzer Blick in meinen Pass genuegt. Ueber breite Schnellstrassen gelange ich zum Zentrum der slowakischen Hauptstadt. An der neuen Donaubruecke ist die Strasse dann ploetzlich fuer Radfahrer gesperrt. Ein freundlicher aelterer Herr hilft mir, den parallel verlaufenden Radweg zu finden. Bratislava ueberrascht den Ankommenden mit einer schoenen Parkanlage, die auf die Oper und das Konzerthaus zufuehrt. Von dort gelangt man in die zum Teil schon vorbildlich sanierte Altstadt. An vielen Haeusern wird immer noch gebaut. Das geschlossene Stadtbild bleibt aber erhalten. Ich finde mit Hilfe der Touristen-Information schnell das Backpacker Hostel, das mit dem Jugendherbergsverband assoziiert ist. Es gibt wieder eine Selbstkocherkueche und einen Gaestekuehlschrank wie auch in Australien. Am Abend komme ich gerade rechtzeitig zum Konzert der slowakischen Philharmonie: Bernsteins WestSideStorySinfonie und Gershwins Rapsody in Blue. Ein Orchester von ueber 120 Mitgliedern erzeugt ein beeindruckendes Klangvolumen. Heute kann ich nochmal einkaufen (im Tesco) und besuche dann die ueber der Stadt thronende Burg. Daneben ist das neue slowakische Parlamentsbebaeude errichtet, anfangs nutzte man einen Saal der Burg. In den diversen Kirchen der Stadt werden sehr konservative Vorabendmessen gehalten. Gegenueber der kath. Kirche von Australien oder auch Oestereich ein grosser Unterschied. Viele Gruesse aus Bratislava Joachim |
Budapest | 08 Mai |
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Hallo,
wieder ist eine neue europaeische Hauptstadt erreicht. Diesmal das wunderschoene Budapest. Ein etwas verregneter Tag in Bratislava dient dem Stadtrundgang und dem Einkauf im "Tesco". Ueberhaupt konkurrieren hier deutsche und englische Ketten um die Kunden: Schlecker, dm, Rossmann, Penny, Plus, vereinzelt auch LIDL. Hauptsaechlich landeseigne Produkte gibts im Spar-Markt. Die oeffentlichen Telefone sind von T-Com. Dafuer gibts eine erstaunlich vollstaendige Infrastruktur zumindest in den Staedten. Die zahlreichen Strassenbahnen in Bratrislava sind noch original Tatra-Fahrzeuge, also aus der Vorwendezeit aus der Tschechoslowakei. Von den unverwuestlichen Fahrzeugen fahren auch noch einige in den neuen Bundeslaendern in Deutschland. Der Radweg von Bratislava bis zur ungarischen Grenze verlaeuft so vorbildlich ausgebaut auf den Donaudaemmen wie vorher und nachher nicht mehr: immer abseits der Strassen und durchgehend asphaltiert. Ein Grossprojekt, das erst 1992 fertiggestellt wurde, staut hier die Donau auf ueber 40 km auf. Anlass waren verheerende Ueberschwemmungen im slowakisch-ungarischen Grenzgebiet im Jahr 1972. Ein grosses Kraftwerk nutzt die Wasserenergie, die Schleusentore sind ueber 20 Meter hoch. Auf der Zufahrt nach Gyoer ueberquere ich die Donau und damit die Grenze nach Ungarn. Wieder winken mich die Grenzbeamten nach der Passeinsicht durch. Der erste Eindruck hier bestaetigt, dass Ungarn schon sehr viel frueher als die anderen Ostblocklaender privates Eigentum zugelassen hat. In den Doerfern stehen Haeuser, die auch in deutschen Doerfern zu finden waeren. Vor allem die Gaerten sind gepflegt und meist mit Wein und Gemueseanbau bestueckt. Auf holpriger Nebenstrasse fahre ich ueber eine alte Stahlbruecke ueber die Raba nach Gyoer. Durch die barocke Innenstadt finde ich zum Bahnhofshotel, das Lonely Planet empfiehlt. Es ist allerdings arg heruntergekommen. Dennoch kostet das Zimmer 5800 Forint (= 23 Euro). Es bleibt Zeit fuer eine Erkundung der Innenstadt zu Fuss - viele barocke Kirchen, die so auch in Oesterreich stehen koennten, ein Kloster, ein Schloss und ein modernes Theaterhaus. Dort laeuft nichts attraktives (irgendeine ungarische Komoedie mit Musik). Am zentralen Bahnhof trifft sich ein bunter Lokomotivpark von Altbau- und Neubau-Elloks aus Ungarn und Oesterreich, dazu Privatbahnloks der GySeV. Das ist natuerlich Grund fuer eine ausfuehrliche Foto-Session. Am Montag gehts weiter nach Esztergom. Ich folge weitgehend der stark befahrenen Staatsstrasse 1. Schwere LKWs nutzen sie statt der parallelen Autobahn. Autotransporter der Fabriken von Suzuki, Opel und Skoda belasten die verschlafenen Doerfer. Esztergom begruesst den Reisenden von Weitem mit seinem hoch ueber der Donau liegenden bombastischen Dom zu Ehren eines 1954 verstorbenen Bischofs von Ungarn. Ich uebernachte mal wieder auf dem schoenen Campingplatz und geniesse die letzten Strahlen der Sonne von der Mauer des Dombergs mit Blick ueber das weite - italienisch anmutende Donautal. Heute Morgen weckt mich Regen auf dem Zeltdach. Der verzieht sich aber nach zwei Stunden und wechselt bis zum Abend in strahlenden Sonnenschein. Westwind schiebt mich nun teilweise vorwaerts. Bei der Mittagspause in Szentendre entdecke ich das Budapester Strassenbahnmuseum - fuer einen einstuendigen Besuch nehme ich mir Zeit. Der Rest des Weges folgt weiter der nun stark befahren S 11 nach Budapest. Erst im Zentrum wechseln die Radfahrer auf die Uferpromenade. Im Sueden des Ortsteils Buda finde ich etwas ausserhalb ein im Lonely Planet empfohlenes Backpacker GuestHouse. Es liegt in einer alten Villa, hat Kueche und Fernsehraum und kostenlosen (!) Internet-Zugang. Hier bleibe ich fuer drei Naechte fuer 3000 Ft (=12 Euro) pro Nacht. Viele Gruesse aus Budapest Joachim |
Sibiu - Herrmannstadt, Rumaenien | 20 Mai |
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Hallo,
lange habe ichn nichtys mehr von mir hoeren lassen. Entweder gabb es kein internet/-Cafe, oder ich hatte keine Zeit. Nun ist ein weiteres Zwischenziel erreicht. Sibiu ist 2007 mit Luxemburg Kulturhauptstadt Europas. Entsprechend ist die Stadt herausgeputzt und im Zentrum hervorragend renoviert.
Doch zunaechst der Reihe nach:
Der Weg aus Budapest wird zuerst ein Irrweg, solange ich auf Radwegweiser achte. Erst der Weg auf die - zum Teil verbotenen - Hauptstrassen fuehrt mich in die richtige Richtung. Ich lande bald auf idyllischen Nebenstrassen der Donau. Eine Faehre bringt mich auf die Seite von Dunavaj, einer modernen Stadt mit viel Industrie und einen Studentenwohnheim, in dem ich ein nagelneues Zweibettappartment fuer eine Nacht bewohnen darf (incl. Kuechen- und Waschmaschinenbenutzung).
Tatsaechlich lande ich zur Mittagspause anm naechsten Tag in diesem Dorf. Als ich gerade am zusammenpacken bin, ueberrascht mich Gabor winkend. Er fuehrt mich auf das Anwesen eines Leipziger Ehepaarers, das hier seine Sommerresidenz hat. Sie geben mir wertvolle Hinweise fuer meine weitere Tour durch Rumaenien. Allerdings dauert der Nachmittagsplausch so lange, dass ich nun nicht mehr bis Arad komme. Ich uebernachte im letzten ungarischen Dorf in einen Privatgarten im Zelt. Die Einreise nach Rumaenien verlaeuft wieder bekannt formlos. Allerdings unterscheidet sich Arad doch erheblich von Szeged. Die Stadteinfahrt erinnert mich an Zustaende in Marokko: heruntergekommene Wohnblocks, kein Gruen in den Gaerten, bettelnde Kinder, zerfahrene Strassen, nicht asphaltierte Seitenstrassen. Im Zentrum bessert sich die Optik dann zusehends bis zum herausgeputzten Rauthausplatz. Die zahlreichen Strassenbahnen der Stadt (auf Meterspur) erinnern an die Bahnen deutscher Staedte aus den 60iger Jahren. Sie sind - zum Teil noch mit deutschem Werbeaufdruck - hier der Verschrottung entkommen, ein lebendiges Strassenbahnmuseum. Auch einer der Anhaengerzuege der Rhein-Hardt-Bahn ist dabei...
Von Arad komme ich am naechsten Tag nur bis Lipova. Die Nebenstrassen sind so holprig asphaltiert, dass ich nur vorsichtig jonglierend fahren kann. Die Doerfer tauchen mich in die Welt vor 60 Jahren, als noch Pferdefurhrwerke das Strassenbild praegten. Gaensefamilien zuckeln ueber die Strassen. In dem grosszuegigen Gruenstreifen zwischen Haeusern und Strasse weiden Pferde und Kuehe vorm Haus. Der Strassengraben ist gleichzeitig Abwassergraben fuer die Haeuser. Eine Wasserversorgung gibt es nicht. Am Dorfbrunnen werden Kanister gefuellt fuer das taegliche Trinkwassr.
Der naechste Tag beginnt zunaechst auf der gut befahrbaren Parallelstrasse zur Hauptstrasse. Allerdings endet diese zuletzt auch wieder im Schlammpfad. Ich kehre diesmal um und fahre 5 km zurueck bis zur naechsten Bruecke. Sie bringt mich nun wieder auf die Hauptstrasse. Nach 2 km allerdings weist ein Hinweis auf dem Camping Aurel Vlaiucu, den die Leipziger empfohlen hatten. Es ist einer von vier im ADAC-Fuehrer empfohlenen Camnpingplaetzen in Rumaenien. Auf einem sehr schoenen PLatz mit ueberdachtem Sitzplatz fuer Zelter treffe ich zwei Deutsche auf Radreise von Koeln ans Schwarze Meer (und zurueck). Sie haben aehnlich viel Gepaeck wie ich, sind aber trotzdem wesentlich schneller. Die Tour ist perfekt geplant mit GPS-System, das taeglich vom Reise-Laptop (!) aktualisiert wird. Von dort starte ich heute nach Sibiu (80 km). Zunm ersten Mal zeigt die Strasse nicht unerhebliche Steigungen. Die sind zum Glueck dreispurig, so dass mehr Platz fuer mich bleibt. Ich ueberlebe die gesamte Strecke auf der Hauptstrasse, zwischen Lkws aus PL, SLO, BG, UA, TR, RO, A, SK, I - ach ja zwei oder drei Deutsche sind auch dabei. In Sibiu endet gerade das grosse Strassenkunstfest. Deshalb sind alle Quartiere ausgebucht. Ein freundlicher Hollaender teilt sein Zimmer (und die Kosten) mit mir, so dass ich nun doch zu einem preiswerten Bett in der Stadt komme. Auf dem grossen Stadtplatz baut eine Pop-Gruppe gerade ihre Musik auf. Viele junge Leute flanieren in der schoen renovierten Fussgaengerzone. Leider regnet es (wie schon die letzten drei Tage). Aber Morgen soll wieder strahlender Sonnenschein kommen. Viele Gruesse aus einem vielgesichtigen Rumaenien Joachim |
Bukarest , Konstanza | 31 Mai |
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Hallo,
Das Schwarze Meer ist erreicht - mit einigen Hindernissen, aber gluecklich. Zwei Tage goenne ich mir in Sibiu. Die Stadt strahlt italienisches Flair aus. Ueberall gibt es kulturelle Angebote. Auf der grossen Freiluftbuehne sind bereits vormittags Kindertheatervorstellungen. Ich Lande bei "Robin Hood" zwischen lauter Grundschuelern, fast wie gespieltes Kaspertheater. Der Abend im Stadttheater ist dagegen ein hochinteressantes Tanz- und Pantomimenstueck, das die neuere Geschichte Rumaeniens zwischen 1920 und heute aufarbeitet... Der Weg durch Transsilvanien fuehrt mich ueber Fagaras nach Brasov (= Kronstadt). Die zunaechst vierspurige Ausfallstrasse von Sibiu wird bald zur ruhigen Nebenstrasse mit unzaehligen Baustellen: die Fahrbahndecke und saemtliche Bruecken werden erneuert. Brasov liegt am Fusse der bewaldeten Berge im Tal. Dadurch erhaelt die Altstadt eine sehr kompakte Form. Hier ist uebrigens die prot. Kirche die Hauptkirche. Kleiner sind kath. und orthodoxe Kirche. Von Brasov aus ueberquere ich dann die Berge auf ca 1300 m Hoehe. Eine an sich ruhige Bergstrasse wird leider zur LKW-Umleitung nach Bukarest genutzt. So quaelen sich die Vierzigtonner den Berg hinauf und ueber sehr enge Serpentinen wieder hinunter. Das beeintraechtigt natuerlich auch meinen Naturgenuss. Abends erreiche ich das 120 km entfernte Ploiesti. Nur mit Glueck bekomme ich noch ein Zimmer. Der weitere Weg nach Bukarest ueber die Nebenstrasse ist nun kuerzer, aber leider wieder LKW-Umleitung. Abenteuerlich sind die zum Teil noch gepflasterten Ortsdurchfahrten mit Pferdefurwerken, auf denen dann die Fernlaster durchbrettern. Dazu gehoeren Nerven - auch bei den LKW-Fahrern. Die Kontraste sind hier immer wieder extrem. Unvermittelt geht die doerfliche Idylle am Stadtrand von Bukarest in staedtische Bebauung mit Plattenbauten ueber. Die Strasse wird vierspurig, Strassenbahnen und Obusse kommen hinzu. Am Nordbahnhof lungern bettelnde Kinder auf der Strasse herum. Ich verstecke mich hinter einem Stadtbus. Die ehemalige Jugendherberge nennt sich jetzt Hostel Central und ist fast doppelt so teuer (16 Euro). Dennoch geniesse ich den zentralen Aufenthaltsort und die Kueche. Die Stadt ist extrem unuebersichtlich, weil alle grossen Strassen irgendwann die Richtung aendern. Gleich am ersten Abend verfahre ich mich so, dass ich erst im dritten Anlauf zurueckfinde. Nachher stellt sich heraus, dass ich mehrfach in unmittelbarer Naehe am Hostel vorbeigefahren bin. Grossartig ist das kulturelle Angebot. Gleich am ersten Abend stolpere ich in die zweite Halbzeit eines Konzerts der Bukarester Philharmonie. Es gibt die 3. Sinfonie von Beethoven. Am naechsten Abend bin ich im Staatstheater bei Lucia die Lammermoor (Donizetti), eine beeindruckende Aufuehrung mit interessanter Personenregie und sehr guten Saengern. Am dritten Abend goenne ich mir Pirates of the Carribean III, wie immer ein phantastisches Seeabenteuer mit der mitreissenden Musik von Hans Zimmer. Dazwischen mache ich natuerlich auch eine Fuehrung mit in Ceaucescus Palast des Volkes, ein groessenwahnsinniger Bau, der die Wirtschaft des Landes endgueltig in den Ruin getrieben hat, oder besuche das Museum fuer rumaenische Kunst, eine interessante, dem uebrigen Europa vergleichbare Entwicklung, die aber 1950 ploetzlich abbricht. Dann wird nur noch gegenstaendliche Landschaftsidylle produziert. Von Bukarest will ich in drei Tagen bis Konstanza ans Schwarze Meer gelangen. Die erste Etappe bis Oltenita klappt gut, nachdem ich zwei Stunden gebraucht habe, um an der richtigen Stelle wieder aus Bukarest herauszufinden. In Oltenita treffe ich seit langem wieder auf die Donau. Sie ist hier Grenzfluss zu Bulgarien. Vielleicht auch deshalb gibt es auf fast 300 km hier keine Bruecke. Sie scheint kaum breiter als zuletzt in Ungarn. Auf bulgarischer Seite wird sie durch einen Hoehenzug begrenzt. Ein einsames Kreuzfahrtschiff liegt am zerfallenden Hafenanleger, das seine Gaeste auf Tagestour nach Bukarest geschickt hat. Die restlichen Industrie- und Hafenanlagen gleichen einer Ruinenlandschaft. Der weitere Weg auf der sehr ruhigen Nebenstrasse nach Calarasi fuehrt oft auf dem Hochufer der Donauniederung entlang, wo die endlos langgezogenen Strassendoerfer liegen. Man hat eine weite Sicht ueber die Ebene, die wohl von Zeit zu Zeit komplett ueberschwemmt wird. Calarasi ist eine haesliche ehemalige Industriestadt. Zwar nutzen einige deutsche Firmen einen kleinen Teil des Gelaendes (Linde, St. Gobain,...) der Rest sind Ruinen. Ein Wachmann verbietet mir, diese Ruinenlandschaft zu fotografieren ! Ich fahre noch weiter. Eine "Faehre" bringt mich auf die bulgarische Seite der Donau: Ein Blechponton wird von einem kleinen Schleppschiff ueber die Donau gedrueckt. Es gibt weder Absperrungen noch Rettungsvorkehrungen. Allerdings steht die moderne Nachfolgerin schon bereit. Die SP 3 wird vor der Grenze in einem schmalen Streifen an Bulgariewn vorbei geleitet. Weil hier so gut wie niemand faehrt, ueberrascht mich Kopfsteinpflaster aus den dreissiger Jahren. Das wechselt ab mit Betongussplatten. Beides hinterlaesst kein angenehmes Fahrgefuehl.
Eine riesige Ueberraschung fuer beide ist die Begegnung mit den beiden Radlern aus Koeln und dem Saarland, die ich schon vor und in Sibiu getroffen habe. Nach ihrem Besuch im Donaudelta und in Konstanza sind sie heute auf demm Rueckweg. Sie machen mir allerdings wenig Mut, auf der 140 km langen Strecke irgendeine Unterkunft zu finden...
Am naechsten Morgen muss ich am Klosterleben teilnehmen: zuerst der eineinhalbstuendige Gottesdienst (Zum erstenmal erlebe ich eine eucharistische Wandlung in der orthodoxen Kirche), dann das gemeinsame Fruehstueck (Es gibt Kartoffelsuppe und Fischsuppe mit Brot, ein junger Moench liest solange aus der Bibel vor, wenn er fertig ist, hoeren alle mit einem Gebet auf zu essen.) So komme ich erst gegen 11:00 Uhr los, und es sind 120 km bis Konstanza...
Die Strecke ist huegelig. Fuenfmal geht es ins Tal hinunter und wieder 200 m hoch auf den Huegelrand. Das kostet Zeit. Wie befuerchtet haben die Orte 40 km und 20 km vor Konstanza keine Hotels (mehr). Wie so oft hilft ein kleines Wunder: Dan, ein 42-jaehriger Mitarbeiter beim rumaenischen Militaer, laedt mich, mein Gepaeck und mein Rad in seinen nagelneuen Skoda und laedt mich zu sich nach Hause ein, zum Essen und Uebernachten. Zum Glueck spricht er dank eines Einsatzes mit italienischen Soldaten im Kosovo etwas Italienisch. So ist eine Kommunikation moeglich.
Am naechsten Morgen (heute) muss ich frueh raus, da Dan um 7:00 Uhr zur Arbeit faehrt und mit mit Fruehstuecken moechte. Bepackt mit ueppigem Proviant werde ich von der ganzen Familie herzlich verabschiedet. Die Fahrt nach Konstanza ist angenehm am fruehen morgen. Es ist bereits sommerlich warm. Beim Anblick des Meeres mache ich erstmal eine zweite Fruehstueckspause und suche das im Lonely Planet empfohlene Hotel Intim. Das Haus steht noch, aber es ist leer, das Hotel wurde aufgeloest. Von gegenueber laedt mich aber ein aelterer Herr, der noch den Schluessel zum Hotel hat, zu sich in ein Privatzimmer ein. Fuer 50 Lei kann ich hier preiswert aber ohne Komfort uebernachten. Der Tag heute ist lang. Die Altstadtbesichtigung macht den Anfang. Bei der Moschee darf man sogar das Minarett besteigen. Am Nachmittag fahre ich hinaus zur Urlauberstadt Mammaia. Dort werden die letzten Vorbereitungen fuer den sommerlichen Ansturm der Pauschaltouristen unternommen. Der Strand ist wunderbar weiss, das Wasser extrem flach, die Promenade gut 10 km lang. Daran draengen sich aber ueber 100 grossvolumige Hotels. Es sieht halt aus wie in jedem Massenurlaubsort in Europa. Auf dem Rueckweg finde ich endlich ein Internet-Kaffee, um mal wieder zu mailen. Viele Gruesse aus Konstanza Joachim |
Bulgarien | 08 Jun |
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Hallo,
ein spannendes Kapitel meiner Reise ist abgeschlossen, die Reise durch Bulgarien. Es war eine sehr schöne Erfahrung. Von Konstanza aus fahre ich zunaechst nur bis zur letzten Stadt vor der Grenze, Mangalia, noch in Rumaenien. Es ist ein typischer Badeort, noch mit alten Hotels aus der Vorwendezeit. In einem solchen übernachte ich. Den Nachmittag verbringe ich am Meer mit der Lektüre des Reiseführers von Bulgarien. Die Schwarzmeerküste enthaelt einige Kleinodien. Es lohnt sich, diese Route gewaehlt zu haben. Am naechsten Tag überschreite ich die Grenze. Die Strasse ist so leer, dass ich schon befürchtet habe, die Grenze sei geschlossen. Die Strasse bleibt auch einsam in Bulgarien. Die Landwirtschaft blüht hier mehr als in Rumaenien. Die Pferdefuhrwerke werden jetzt von Eseln gezogen. Die Autos stammen aus russischer Produktion (Lada, Moskovitch). Allmaehlich nimmt der Verkehr wieder zu, als ich Balcik erreiche. Es ist ein kleiner Badeort am schwarzen Meer. Einen Sommerwohnsitz des ehemaligen österreichischen Kaisers und einen botanischen Garten gibt es zu sehen. Mit Hilfe der Tourist-Info finde ich ein Privatzimmer in einer etwas ausserhalb gelegenen Villa für 15 Leva (= 7.50 Euro). Auch zum Abendessen werde ich gleich eingeladen. Vom Balkon des Zimmers bietet sich ein mediterraner Blick über die Bucht. Das Ziel des naechsten Tages ist Varna. Es ist eines der Kulturzentren Bulgariens. Besonderes Kleinod ist das archaeolgische Museum. Es zeigt Ausgrabungsfunde aus der Umgebung, die zum Teil über 5000 Jahre alt sind. In den Graebern fand man bereits Goldschmuck, das aelteste Gold, das jemals gefunden wurde. Den Abend verbringe ich flannierend im schönen Meerespark. Die naechste Etappe wird bergig. über 500 m hohe Berge führt die Strasse in langen Steigungen. In einen kleinen Bergdorf (Banja) frage ich den Kneipenwirt nach einem Zimmer. Wie der Zufall will, vermietet er selbst Zimmer im Dachgeschoss seines etwas abgelegenen Hauses. Wieder geniesse ich Abendessen und Frühstück auf der privaten Terrasse. Von hier gehts nochmal eineinhalb Stunden bergauf. Dann folgt der rasante Abstieg zum 'Goldstrand'. Hier wird die breite Bucht zugebaut mit riesigen Appartmentblocks und Hotels. Das nahegelegene Nesebar dagegen ist eine Perle. Die Altstadt liegt auf einer Insel und besteht noch im Wesentlichen aus den typischen Holzhaeusern des 19. Jahrhunderts. Heute lebt die Stadt natürlich im Wesentlichen vom Tourismus. Ziel der Tagesetappe ist Burgas. Hier ballt sich der Pauschaltourismus, weil Burgas einen Urlaubsflughafen für Billigflieger besitzt. Auf vierspuriger Autobahn rolle ich in die Stadt. Mit Hilfe einer Zimmervermittlung finde ich ein schönes Privatzimmer im dritten Geschoss eines Wohnblocks für nur 10 Leva (= 5 Euro). Beim Abendspaziergang treffe ich zwei Deutsche, die gerade ihre Radtour von Istanbul nach Burgas beendet haben. Sie können mir natürlich wertvolle Tips für meine nun anstehende Tour in umgekehrter Richtung geben. Die letzte Stadt am Schwarzen Meer ist Tsernavo. Auch dorthin fahre ich vorbei an Hotelansammlungen ('Sonnenstrand') neben der schönen Kleinstadt Sozopol, die wieder auf einer Insel im Meer liegt. In Tsernavo finde ich mehr durch Zufall wieder ein Privatzimmer - eher ein Privatappartment - für 20 Leva. Die Stadt beeindruckt durch ihre Klippenküste, die der Halbinsel vorgelagert ist. Gestern nun begann der lange Aufstieg über das Grenzgebirge. Mehrmals gehts auf 500 m hoch und wieder in ein Flusstal hinab. Die Strasse ist zwar als internationale Fernstrasse gekennzeichnet, hat aber eher den Charakter einer Dorfstrasse. Der Asphalt löst sich allmaehlich auf, der angrenzende Wald überwuchert nicht nur die Strassenraender. Dementsprechend faehrt fast niemand mehr auf dieser Fernstrasse. So geniesse ich die Ruhe und die Waldluft beim langen Bergauf-Schieben. In der letzten bulgarischen Stadt finde ich in einem schon nicht mehr existierenden Hotel ein Zimmer (nur mit Kaltwasser). Ich bin dennoch froh, eine ordentliche Unterkunft gefunden zu haben. Einige Leute leben hier in Zelten im Wald (trotz Auto vor der Tür..). Ein nochmals kraeftiger Anstieg führt zur Grenzstation. Mein Pass wird insgesamt viermal kontrolliert. Auch einen Einreisestempel erhalte ich. Dann kann ich wieder hinabrollen nach Kilkareli, der ersten grösseren Stadt in der Türkei. Weite Blicke öffnen sich über ein karstiges Bergland. Es erinnert ein wenig an Südfrankreich. Jedenfalls ist alles unheimlich grün und fruchthbar. Auf dem Stadtplatz frage ich am Kiosk nach einem Hotel. Ein freundlicher Gast zeigt mir genau gegenüber ein schönes Zweisternehotel. Das Zimmer kostet 20 Euro (mit warmer Dusche). Diese hole ich auch gleich nach und schlendere jetzt durch die Altstadt. Im ersten Internetcafe bin ich allerdings schon haengen geblieben... Noch ein Hinweis: Die türkische Tastatur hat ein anderes i , naemlich ı. Dieses liegt dort, wo unser i liegt. Deshalb kann es vorkommen, dass ich an einigen Stellen das falsche Zeichen erwischt habe. Ich weiss allerdings nicht, was ein deutscher Rechner aus diesem Zeichen macht... Viele Grüsse aus der Türkei Joachim |
Istanbul | 11 Jun |
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Hallo liebe Leser,
ich bin wohlbehalten in Istanbul angekomen ! Ich wohne im Hostel Istanbul direkt unterhalb der beiden grossen Moscheen (Haghia Sofia und die "Blaue Moschee"). Letztere konnte ich schon von innen bewundern - beeindruckend. Nach meinem ersten Stopp in der Tuerkei in Kirklareli folge ich nicht der Beschilderung nach Istanbul. Sie fuehrt auf die stark befahrene Hauptstrasse von Edirne nach Istanbul, die vor allem den internationalen Fernverkehr traegt. Parallel dazu, etwa 30 km noerdlich, verlaeuft die ruhige D 020 am Fusse der Berge zum schwarzen Meer. Wegen der Seitentaeler geht es allerdings oefter bergauf und bergab. In Pinarhisar erlebe ich zufaellig einen Strassenmarkt (es ist Samstag), der die halbe Stadt fuellt. Es git alles, sogar 50 Jahre alte Rasierklingen... Die folgende Etappe wird wegen der Steigungen etwas anstrengender. Auch der leichte Gegenwind macht die Fahrt anstrengend. Ab Vize laeufts dann sehr schnell. In Saray finde ich ein preiswertes Hotel, das zwar gerade renoviert wird, aber einige Zimmer sind schon fertig. Abends um 11:00 Uhr toent der Muezzin zum letzten Mal durch die Lautsprecher des Minaretts, morgens um 4:30 schon wieder - das ist gewoehnungsbeduerftig... Morgens geniesse ich mein erstes tuerkisches Fruehstueck: Brot, Margarine, Oliven, Kaese, Tomaten auch etwas Marmelde und viel starker Tee mit Zucker. Von Saray folgt nun eine leichte Bergetappe. Die Strasse windet sich durch die Kuestenberge, faellt mehrmals tief in die Flusstaeler ab. Das Gebiet ist intensiv bewaldet. Jeweils am Rande der Ortschaften sind grosse Picknickplaetze vorbereitet. Diese werden heute - es ist Sonntag - von tuerkischen Grossfamilien zum Mittagspicknick genutzt. Teilweise reisen die Fanilien mit luxurioesen Vans an. Besonders beliebt scheint der VW-Bus Caravelle in der Langversion mit drei Sitzreihen in tiefschwarzer Lackierung... Ich nutze den Platz in Guemuspinar. Danach wirds richtig steil. Deshalb zweige ich nach 20 km nach Catalca in Richtung Sueden ab, auch um ein Hotel fuer die Uebernachtung zu finden. Das Hotel Goezler ist aelteren Datums. Das warme Wasser geht heute leider nicht mehr. Morgens laeuft anfangs ueberhaupt kein Wasser. Der Weg nach Istanbul heute ist mit einigen Hindernissen gepflastert. Die Strasse nach Buyukcekmece am Marmarameer ist zwar stark belastet, laesst sich aber gut fahren, da es weitgehend bergab geht. Ausserdem habe ich Rueckenwind (von Norden !). Hier koennte ich nun auf der autobahnaehnlichen D 110 bleiben. Ich versuche aber, die Kuestenstrasse nach Avciler zu finden. Im ersten Dorf Guelpinar verfahre ich mich aber dermassen, dass ich am Schluss auf einem Feldweg zur oertlichen Muellhalde lande... Also umkehren und so schnell wie moeglich die Autobahn finden, Nach mehrmaligem Fragen ist diese dann erreicht. Es ist nicht verboten, mit dem Fahrrad dort weiterzufahren. Besonders brisant ist gleich der Anfang, ein Autobahnkleblatt mit drei geradeausfuehrenden und zwei abzweigenden Spuren. Ich bleibe rechts, muss aber viermal auf die Aus- und Einfaedler achten. Es geht dann muehsam bergauf. Mancher Schwerlaster ist kaum schneller als ich. Dazwischen halten Stadtbusse am Strassenrand oder parken einfach LKWs zur Mittagspause. Die Abfahrt nach Avciler ist dann ein Gennuss. Ich schwimme im PKW-Verkehr mit. Die parallele Stadtstrasse ist zugestaut wegen beidseitig falschparkender Autos. Nach der Mittagspause am Meer finde ich nun doch die richtige Kuestenstrasse ueber Yesikoy, Bakirikoy, Topkapi,... Irgendwann bin ich mitten in Istanbul. An der Uferpromenade begruesst mich die Stadt mit einem schoenen Panorama, aus dem die vielen Moscheen herausragen. In der Altstadt suche ich zunaechst das Youth Hostel. Als ich es endlich finde, stellt sich heraus, dass es inzwischen in ein Luxushotel umgewandelt wurde. Bei der Rueckkehr zum Zentrum lande ich zuerst beim Hostel Istanbul. Es hat ein Bett fuer drei Tage, eine warme Dusche und eine Dachterrasse mit Meeresblick. Die Stadtbesichtigung kann ich von hier aus zu Fuss starten. Der Abendrundgang fuehrt mich zuerst zu den Moscheen. Ueberraschenderweiser kann ich die aus dem 17. Jhdt. stammende gigantische blaue Moschee gleich besichtigen. Sie heisst blau, weil blaue Fensterglaeser aus Venedig das Meereslicht filtern und die Ornamente in den Kuppeln aus tausenden blaugebrannter Fliesen bestehen. Beeindruckend ist die monumentale Statik der Kuppel. Sie ruht auf vier "Elephantenfusssaeulen". Morgen ist der Besuch der Haghia Sofia und des grossen Basars geplant. Viele Gruesse aus Istanbul Joachim P.S. Hurra ! Hier gibts wieder eine englische Tastatur... |
Istanbul | Bilder | 14 Jun |
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Erste Bilder aus Instanbul (siehe Link oben) |
Bursa | 18 Jun |
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Hallo,
nach vier Tage Istanbul habe ich nun meine Reise nach Anatolien fortgesetzt. Inzwischen bin ich in Bursa, einer sehr lebendigen Stadt mit langer Geschichte. Hier lag der Ursprung des osmanischen Reiches... Doch zunaechst noch einige Eindrücke aus Istanbul: Zwei Tage erkunde ich Istanbul auf eigene Faust. Vom Hostel aus lassn sich die TOP 5 zu Fuss erobern. Am ersten Vormittag ist die Aya Sofia (= Haghia Sophia) dran. Sie wurde vom römischen Kaiser als grösste Kirche der Christenheit geplant. Schon damals war die zentrale Kuppel Höhepunkt der Baukunst. Insofern ist diese christliche Kuppel Vorbild für alle Moscheekuppeln der Welt... Beeindruckend ist die schiere Grösse der Kirche. Auf hunderten schlanker Saeulen ruht die gigantische freitragende Kuppel. Allerdings mussten im Laufe der Zeit aussen Verstaerkungen angebaut werden. Reste der byzantinischen Mosaiken erstrahlen wie am ersten Tag. Eine beeindruckende Fotoausstellung zeigt sie im rechten Licht. Über Mittag besuche ich den riesigen überdachten Bazar. Er füllt ein ganzes Stadtviertel. Zusaetzlich haben sich in der Umgebung weitere tausende kleiner Geschaefte etabliert. Oft genügt ein Kelleraum, der nur durch eine ungesicherte Treppe von der Strasse erreichbar ist.... Am Nachmittag ermittle ich am Bahnhof, dass es noch einen Rest vom 'Orientexpress' gibt: einen (fast) taeglichen Schlafwagenzug mit Kurswagen nach Sofia, Bukarest und Budapest. Das Fahrrad kann ich nur mit Überredung des Liegewagenschaffners mitnehmen... Am Abend überquere ich die berühmte 'Galatabrücke', die in fast allen Spielfilmen aus Istanbul eine Rolle spielt. Leider ist das Original vor 5 Jahren durch eine moderne Version ersetzt worden. Die Reste der alten Schwimmbrücke liegen weiter landeinwaerts und warten wohl auf einen Kaeufer... Oben auf dem Hügel auf der anderen Seite des 'goldenen Horns' liegt die berühmte Einkauffstrasse Istiklal Cadesi. Hier pulsiert das moderne Leben mit Boutiquen und Discos. Am Ende der Einkaufsmeile liegt die deutsche Schule von Istanbul, an der Markus Schlosser, ehemaliger Schüler aus Schifferstadt, für zwei Jahre als Lehrer eingesetzt war. Der zweite Tag beginnt mit dem Besuch des Sultanspalastes 'Topkapi'. Besonders beindruckend sind die Raeume des Serails, der Wohnanlage des Sultans. Ausführlich wird auch das strenge Regelment eines Harems erklaert: Die Oberaufsicht hatte immer die Mutter (!) des Sultans. Ein weiteres Highlight ist die Schatzkammer des Sultans. Hier werden Edelsteine (Diamanten und andere) von einer unvorstellbaren Grösse gezeigt. Am Nachmittag schlendere ich durch die Gassen am Goldenen Horn. Es gibt einen Gewürzbasar mit allen Wohlgerüchen des Orients. Der dritte Tag beginnt mit dem Besuch des archaeolgischen Museums. Aus Sidon (im Libanon) haben türkische Archaelogen im 19. Jhdt. einen vollstaendigen Sarkophag des lykischen Königs ausgegraben und abtransportiert. Er ist mit Figurenreliefs geschmückt, die in ihrer Ausdruckskraft einmalig sind... Ein kurzer Abstecher führt mich noch zur unterirdischen Zisterne aus Römerzeit. Sie ruht auf über hundert Saeulen und kann seit 1985 wieder besucht werden. Eine eindrucksvolle Welt unter der Stadt... Mit dem Rad mache ich mich nun auf den Weg zum östlichsten Vorort, Sariyer - immer am Bosporus entlang. Trotz heftigen Verkehrs sind die Bilder von der schmalen Wasserstrasse zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer wunderschön. Oben auf dem Berg mit Sicht auf den Bosporus wohnt Markus mit seiner Familie. Ich folge seiner Einladung, mit ihm einen Tag gemeinsam zu verbringen. Gleich nach der herzlichen Begrüssung gehts in den hauseigenen Swimming-Pool, eine willkommene Abkühlung. Nach dem gemeinsamen Abendessen darf ich einige Bilder von Istanbul abschicken, der Rest wird auf CD gebrannt. Am naechsten Morgen gehts mit dem privaten (!) Schulbus zur deutschen Schule. Auch hier gibts eine Projektwoche zum Schluss des Schuljahres. Markus betreut ein Projekt mit Besuchen der weniger bekannten Highlights in und um Istanbul. Wir fahren mit dem Boot zur Eyüp Moschee. Hier liegt der Bannertraeger des Propheten Mohammed begraben. Es ist daher die viertheiligste Kultstaette des Islam... Nach dem gemeinsamen Mittagessen starte ich zur Weiterfahrt nach Yalova auf der asiatischen Seite des Meeres. In Cabatas startet ein 'Dampfer' zur dreistündigen Fahrt vorbei an den autofreien 'Prinzeninseln' nach Yalova. Obwohl ich erst nach 21:00 Uhr ankomme, finde ich ein preiswertes Hotelzimmer. Ausgeruht starte ich am naechste Morgen zur Bergtour. Die Hauptstrasse nach Bursa erklimmt den Kamm des Kuestengebirges. Dann gehts rasant wieder runter nach Orhangazi. Dort zweige ich ab nach Iznik (= Nicaea). Die Strasse führt am malerischen Iznik-See entlang. Ein Picknickplatz am Ufer zeigt biblische Schönheit: ein Olivenhain im Rücken, vor mir der bergumsaeumte See, ein kleines Fischerboot im Schilf vertaeut... Iznik selbst ist Kultur- und Touristenort. Die Idylle des Sees wird allseits zum Picknick genutzt. Die Stadt besitzt eine fast komplette Stadtmauer und - die Ruinen der Basilika, in der auf dem ersten Konzil das christliche Glaubensbekenntnis formuliert wurde... Die Etappe nach Bursa wird anstrengender. Gleich zu Anfang gehts auf 600 m hoch, in steilen Serpentinen. Es ist heiss (über 30 Grad). Ich bin froh, als es endlich wieder bergab geht nach Yenisehir. Von dort überquert die vierspurige Schnellstrasse nochmal einen 300 m hohen Pass. Dann gehts in die Tiefebene. Bursa begrüsst den Reisenden schon 10 km ausserhalb der Stadt mit weitlaeufigen Industrievierteln. Die Stadt hat über 1.5 Millionen Einwohner. FIAT und FORD haben hier Autofabriken angesiedelt. Die mittelalterlichen Moscheen und Gaerten stehen heute auf dem Programm. Darübehinaus begeistert die Lage der Stadt am Hang des Uludag-Gebirges (fast 2500 m hoch) immer wieder durch herrliche Ausblicke. Viele Grüsse aus Bursa Joachim |
ägäische Küste | 25 Jun |
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Hallo liebe Leser,
Entlang des Marmarameeres und der aegaeischen Kueste bin ich nun bis Edremit gekommen. Die letzten Tage waren sehr beschwerlich, weil bei Lufttemperaturen von über 40 Grad ein Radeln in der Sonne zum Haertetest für den Kreislauf wird... In Bursa bleibe ich zwei Tage. Gleich am ersten Abend nimmt ein Lehrer des örtlichen Gymnasiums mich und vier weitere Gaeste des Hotels Günes mit auf eine Zeremonie der tanzenden Derwische. Die Schule dafür ist erst vor zwei Jahren wieder eröffnet worden. Das Projekt steht unter der Förderung der UNESCO. Der Abend beginnt wie ein islamischer Gebetsritus. Zusaetzlich zum Muezzin nehmen vier Musiker und vier Saenger daran teil. Nach entsprechender Gebets-Vorbereitung beginnen sich die 5 Maenner über eine halbe Stunde lang zu drehen. Sie geraten in einen Trance-Zustand, der offenbar die Biologie des Gleichgewichtsorgans ausser Kraft setzt.... Die naechsten Etappen entlang des Marmarameeres sind durch eine stark befahrene Hauptstrasse aber schoene Orte an den Zwischenstationen gekennzeichnet: Banderma, Biga, Canakkale. Ich schaffe zum Teil lange Tagesetappen. Die Gegend ist stark von der Landwirtschaft gepraegt: Gemuese, Oliven, Wein, in einigen Flussauen sogar Reis. Allerdings muss intensiv bewaessert werden. Zum Teil werden die bekannten Betonkanaele verwendet, zum Teil aber auch Druckpumpen mit angeschlossener Tröpfchenbewaesserung. Einige Flüsse führen noch genügend Wasser, bei vielen geht das Wasser schon jetzt zur Neige. Es droht Wasserknappheit ! Die Strasse ist eine einzige Baustelle. Offenbar ist vor Jahren schon der vierspurige Ausbau geplant worden. Die Gelaendeeinschnitte und Daemme gibt es schon. Die Strasse selbst schlaengelt sich jetzt auf verschiedenen Seiten dieser Trasse durch das Land. Dort, wo es bereits eine neue Fahrbahn gibt, wird sie zuletzt mit einem unsaeglichen Grobsplit beklebt, d.h. auf eine Schicht Flüssigasphalt (oder Teerkleber) wird der Split lose aufgestreut, in der Hoffnung, dass er sich festfaehrt. Dadurch schleudern staendig Steinchen über die Fahrbahn. Bei der zunehmenden Hitze verflüssigt sich der Kleber aber wieder und quillt nun zwischen den Steinen hoch. Autos und ich fahren also im flüssigen Teer. Das verklebt sofort die Reifen. Diese garnieren sich dann mit den losen Steinchen und schleudern diese verschmierten Steinchen auf Fahrrad, Gepaeck und Kleidung...
In Canakkale ist das touristische Zentrum für die Troja-Besucher. Das im Film verwendete trojanische Pferd steht an der Uferpromenade, ebenso eine Modell-Nachbildung von Troja IV zur Zeit des Trojanischen Krieges. Ich fahre dennoch mit dem Rad bis an die Eingangspforte. Dort bietet ein Restaurant seinen Garten als Zeltplatz an. Das nutze ich gerne. Den Nachmittag verbringe ich in der Ruinenstadt mit den vielen 'Schichten'. Angefangen hat alles mit Heinrich Schliemann, der einfach einen 10 m tiefen Graben durch alle Schichten gebuddelt hat, dabei viel zu tief lag, als er seinen Goldschatz entdeckte. Die Ausgrabungen wurden dann von Amerikanern bis 1938 fortgeführt. Dann lag das Gelaende 50 Jahre brach - auch offen für 'Sammler'. Erst 1988 begann die Uni Tübingen wieder systematisch zu graben und vor allen zu restaurieren.
Von Troja waehle ich die verkehrsarme Küstenstrasse über die Halbinsel. Sie führt zunaechst zur historischen Stadt Assos (heute Behremkale) . Durch touristisch kaum erschlossene Dörfer geht es genauso wie an grossen Küsten-Resorts vorbei am aegaeischen Meer. Hier werden vor allem Ferienwohnungen vermarktet. Der Weg bis Assos zieht sich in die Laenge. In Gülpinar beschliesse ich, eine Unterkunft zu suchen. Alle verweisen mich jedoch auf den abgelegenen Küstenort Babakale. Der liegt noch 9 km weiter hinter den Bergen. Also kaempfe ich mich mit letzter Kraft durch und finde tatsaechlich im Hotel Uran ein sehr ruhiges Zimmer über der mittelalterlichen Festung. Der Sonntag wird der bisher anstrengendste Tag. Es sind zwar nur 35 km bis Assos. Aber bei der mörderischen Hitze geht es über ein sehr hügeliges Bergland ohne Baeume - eigentlich nur mit Steppenvegetation. Der Wind blaest mir backofenheisse Luft entgegen. Das ist nur auszuhalten, wenn ich nach einer Stunde Fahrt jeweils eine Stunde Pause im Schatten einlege und Unmengen trinke. Nach knapp 7 Stunden bin ich dann in Behremkale, geniesse die Dusche in der Pension Sihar und die Klimaanlage. Am Abend ist dann doch noch Zeit, den Athenaetempel auf dem Berg zu besuchen und bereits in der Daemmerung das antike Theater. Es liegt - wie so oft - im Berghang mit Blick aufs Meer und die gegenüberliegende griechische Insel Lesbos - ein traumhafter Blick...
Heute beginnt die Fahrt mit einer Abkürzung, die mir den Anstieg auf über 600 m erspart. Der Pensionswirt zeigt mir eine kürzere Strecke entlang der Küste, die in meiner Karte nicht verzeichnet ist. Ich geniesse die Fahrt über die ruhige Uferstrasse vorbei an vetraeumten Campingplaetzen und kleinen Hotels.
In Edremit finde ich ein schönes kleines Zimmer für 25 Ytl. Das ist die Haelfte des ofiziell angeschlagenen Preises, ohne dass ich verhandeln muss. Offenbar gehen die Geschaefte schlecht, hier 9 km vom Meer entfernt.
Die naechsten geplanten Highlights sind nun Pergamon (heute Bergama) und Ephesos (Efes) bei Selcuk. Grüsse aus Edremit Joachim |
Izmir | 30 Jun |
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Hallo, liebe Leser,
die Hitze fordert ihren Tribut: Auf der Fahrt nach Bergama wurden 51 Grad Celsius (!) Lufttemperatur erreicht. Die 100 km von dort nach Izmir führten gestern zu massiven Kreislaufstörungen. Es reicht...
Die Ereignisse der letzten 5 Tage möchte ich trotzdem noch berichten. Es waren viele schöne Erfahrungen dabei: Von Edremit starte ich weiter in Richtung Süden. Ayvalik soll eine schöne kleine Stadt am Meer sein. Die Fahrt dorthin verlaeuft anfangs recht gut: Die Strasse ist noch nicht 'erneuert';d.h. der Belag ist noch befahrbar. Sobald die türkischen Strassenbauer anfangen zu sanieren, sind die Strassen für mich als Radfahrer kaum noch geniessbar: lose Splitsteinchen, holpriger Seitenstreifen, aufgeweichter Asphalt, verschmierte Steinchen spritzen hoch und verschmieren Kleidung und Gepaeck. Allerdings wird es hier zweimal eng bei der Begegnung von zwei LKWs auf meiner Höhe. In Ayvalik komme ich in einer wunderschönen Pension im alten Ortskern unter mit originalen Wohnzimmern und Terrassen, auf denen man die Abendsonne geniessen kann. Allerdings gibt es keine Klimaanalge, so dass es auch nachts schwül warm im Zimmer bleibt. Da hilft auch der Ventilator wenig. Am Abend fahre ich noch auf die vorgelagerte Insel (über einen kurzen Damm) zum touristischen Hafen- und Badeort mit unzaehligen Fischrestaurants. Von Ayvalik nach Bergama sind es eigentlich nur 50 km. Es wird aber der bisher heisseste Tag der Reise. Vormittags laeuft die Fahrt noch ganz gut. Ich habe genug zu trinken dabei: 10 Liter am Tag sind inzwischen Standard. Aber selbst im Schatten kühlt der Körper nicht mehr ab. Auch Schwitzen hilft nicht mehr. Über der schattenlosen Strasse vermute ich Lufttemperaturen zwischen 60 und 70 Grad. Im Schatten werden heute 51 Grad gemessen. Alle Stunde küehle ich den Kopf am Wasserhahn. Das Wasser in den Haaren trocknet trotz Sonnenhut aber schnell wieder. Die letzten 7 km nach Bergama steigen nur wenig an. Dennoch wird die Fahrt qualvoll und sehr langsam. Ich bin froh, in der Pension Böblingen (!) ein kleines Zimmer zu bekommen, auf der Schattenseite des Hauses, aber ohne Klimaanlage. Ganz langsam beginnt sich die Körpertemperatur wieder zu normalisieren. Der folgende Tag ist ganz der Erkundung der Akropolis, dem Tempelberg von Pergamon gewidmet. Eine extra lange (5 km) schmale Strasse führt zum Eingang - die Taxifahrer wollen auch etwas daran verdienen. Von der Stadt aus waere es ein höchstens 15-minütiger Fussweg bis zum unteren Ende des Ausgrabungsgelaendes. Beeindruckend sind die wieder aufgerichteten Saeulen des Trajantempels auf dem oberen Plateau. Seit 1968 kümmert sich das Deutsche Archaeologische Institut um die Rekonstruktion und weitere Ausgrabungen. Davor wurde auch dieses Gelaende 50 Jahre lang als Steinbruch genutzt. Marmor wurde als Zusatzstoff beim Kalkbrennen genutzt... Das Plateau, auf dem der nach Berlin abtransportierte Pergamon-Altar stand, ist inzwischen ein Trümmerfeld, auf dem 3 grosse Pinien wachsen... Weitere Highlights sind das schön restaurierte griechische Theater mit phantastischem Blick in die Bergwelt und - ganz neu - Ausgrabungen in der Unterstadt, bei der drei sehr gut erhaltene römische Mosaikfussböden freigelegt wurden. Der zweite ausgegrabene Stadtbereich umfasst das antike Heilbad Asklepieion. Eine überdachte Strasse führte von der Stadt dorthin. Es gab alles, was auch im 19. Jhdt. zum Kurbad gehört: Brunnenkollonade, Pantheon, Trink- und Badebereich, ein Theater und eine Bibliothek. Die Besonderheit sind unterirdische Schlafraeume, durch die in Kanaelen das Wasser der Heilquelle plaetschert. Aus den Traeumen der Patienten wurden dann Heilungsplaene entwickelt. Die letzte Etappe nach Izmir sind nochmal 105 km. Allerdings ist die Strasse durchgaengig gut befahrbar und ein zum Teil heftiger Rückenwind schiebt mit. Der Wind bringt auch ein wenig Abkühlung auf 36 Grad. Ein schönes, schattiges Plaetzchen am Meer finde ich für die Mittagspause. Es gibt einen BIM unterwegs, um Wasser und Limonade nachzutanken. Eigentlich laeuft die Fahrt sehr gut. In Menemen, 26 km von Izmir entfernt, bricht dann allerdings die Verkehrshölle auf der Strasse aus: hunderte von Bussen aller Grössen bevölkern nun den rechten Fahrstreifen und den Fahrbahnrand. Wenn ein Gast winkt, draengt mich der Busfahrer einfach nach rechts ab. Der Verkehr verdichtet sich zum sechsspurigen Stop and Go. Die Busse und LKWS lassen bei jeder Anfahrt eine schwarze Russwolke ab. Ich merke wie mir schwindelig wird, eine bisher nicht gekannte Erscheinung. Am Stadtrand von Izmir lege ich deshalb nochmals eine Verschnaufpause auf der schön gestalteten Uferpromenade ein. Selbst Hinlegen hilft aber nicht gegen die Gleichgwichtsstörung. Mir wird kurzzeitig speiübel. Vorsichtig taste ich mich wieder auf die Stadtautobahn. Eine andere Strasse ins Zentrum gibt es nicht oder ist nicht audsgeschildert. Im Hotel Imperial, direkt am Bahnhof Basmane finde ich ein hübsches Einzelzimmer mit Blick über die Moschee und den Bahnhof. Allerdings gibt es am Hauptbahnhof der Stadt keine Züge mehr. Die aufwaendig sanierte und neu elektrifizerte zweigleisige Strecke wurde mit grossartigen S-Bahnhöfen bestückt, aber nie benutzt. Inzwischen verwahrlost die neue Strecke wieder: die Oberleitung ist zerrissen und haengt ins Gleisprofil, so dass nicht mal mehr die dieselgetriebenen Fernzüge in die Innenstadt fahren können. Sie enden - von Istanbul und Ankara kommend - in Menemen. Dort steigen dann alle in Busse um und quaelen sich mit dem Dauerstau in die Stadt. Jetzt verstehe ich die heftige Zunahme des Busverkehrs.. Heute treffe ich die Entscheidung über die Heimreise. Die Option Zug entfaellt, weil von Izmir überhaupt kein Zug mehr direkt nach Istanbul faehrt; die Ersatzbusse nehmen normalerweise keine Fahrraeder mit. Einen durchgehenden Fernbus von Izmir nach Deutschland gibt es nicht - nur mit Umsteigen in Istanbul. Die Option Faehre von Cesme nach Ancona bedeutet, dass ich von Ancona mit Regionalzügen weiterfahren muss, weil italienische Intercitys keine Fahrraeder mitnehmen. Also lande ich nun doch beim Flieger, der kaum teurer ist als die anderen Varianten einer Fahrt über Land. Den Weg zum Flughafen teste ich heute noch mit dem Rad. Er verlaeuft über 16 km auf der sechs- bis achtspurigen Stadtschnellstrasse, Radfahrer sind aber erlaubt. Den Rückweg möchte ich mit dem Zug probieren. Offenbar fahren am Flughafenbahnhof noch Züge. Nur der Kellner vom Bahnhofsrestaurant kann mir von einem handgeschriebenen Zettel Auskunft über die Abfahrtszeiten geben. Es gibt weder einen Aushang noch gar einen Bahnmitarbeiter - aber einen grossen Flughafenbahnhof. Der Zug entpuppt sich als Regionalzug aus drei Wagen mit Diesellok. Er faehrt noch genau eine Station weiter; dann steigen auch hier alle auf Busse um ! Die neue Strecke liegt brach, die Oberleitung ist zerrissen. Weitere Bau- oder Reparaturarbeiten sind nicht zu beobachten... Meine Geduld ist nun zu Ende. Hitze, Staub, Laerm und Gestank kompoensieren die bisher positiven Eindrücke von der Türkei. Morgen möchte ich mit Bus und Zug doch noch nach Selcuk, um mir die viel gelobte Ausgrabungsstaette von Ephesos anzuschauen. Ich bin gespannt, was mich erwartet. Viele Grüsse aus Izmir Joachim |